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Apothekenstreit in Österreich
Wiener Apotheker kämpft für längere Öffnung am Samstag
Eigentlich müssen Wiens Apotheker um Punkt zwölf Uhr am Samstag ihre Tür absperren. So will es die Vorschrift. Doch einer macht nicht mit. Jetzt rumort es bei den Wiener Apothekern.
Es geht um die Ladenöffnung am Samstag: Punkt zwölf Uhr Mittag müssen die Apotheken zusperren. So bestimmt es die Vereinbarung der Magistrate mit der Apothekerkammer. Kollegen in anderen Landeshauptstädten dürfen aber ihre Türen länger öffnen. In Wien sollen jetzt die Gerichte Klarheit schaffen.
In Österreichs Hauptstadt findet sich der Kern des Widerstandes gegen die Apotheken-„Sperrstunde“ im Herzen der Wiener Innenstadt: Apotheker Martin Derflinger führt seit gut 30 Jahren die Apotheke am Graben. Der streitbare Pharmazeut sorgte bereits Mitte der 90er-Jahre für Schlagzeilen. Auf seine Initiative kippte das österreichische Verfassungsgericht die verpflichtende zweistündige Mittagspause.
Jetzt kämpft Derflinger gegen die „Sperrstunde“ am Samstag. Als einziger Apotheker in Wien hält er seit zehn Jahren durchgängig auch Samstagnachmittag offen. Das empört zwar viele Kollegen. Aber die Behörden sahen bislang über den Verstoß hinweg. Doch jetzt liegt eine Anzeige auf dem Tisch.
Und Derflinger will sich wieder zur Wehr setzen: „Kunden empfinden es als eine Provokation, dass es sich Apotheken leisten können, Samstagnachmittag zuzusperren", so Derflinger zur DAZ.online – zumal alle anderen Geschäfte in der Umgebung geöffnet hätten. Seine Apotheke zähle am Samstagnachmittag gut 400 Kunden, 200.000 seien es seit dem Jahr 2000 gewesen. Die „Sperrstunde“ gehe ganz offensichtlich „an der Realität vorbei".
Lässt sich mit dem Wiener Magistrat keine einvernehmliche Lösung finden, will Derflinger wieder vor die Gerichte ziehen. Zur Not bis zum Verfassungsgerichtshof. Andere Wiener Kollegen haben sich Derflinger längst angeschlossen. Laut der Wiener Tageszeitung „Der Standard“ prüft auch Uwe Schehl etwa prüft eine entsprechende Klage.
Der Wiener betreibt die Apotheke zur Kaiserkrone in der Mariahilfer Straße und hielt an vielen Samstagnachmittagen ebenfalls offen. Die Apothekenkammer reagierte mit Disziplinarverfahren die bis zu Strafen ab 10.000 Euro führen können oder sogar bis zum Entzug der Kommission. Auch Apotheken in Einkaufszentren wollen sich nicht länger der Samstags-Sperrstunde beugen, wenn an Nachmittagen 50.000 Besuchen durch die Ladenzeilen schlendern und bei Drogeriemärkten einkaufen können.
Nicht gelten lassen will Derflinger Vorwürfe, der Dienst am Samstagnachmittag sei seinen 22 Mitarbeitern nicht zuzumuten. „Das ist Unsinn“, so der Wiener Apotheker zur DAZ.online. Im Gegenteil: „Meine Mitarbeiter erhalten doch für jede Arbeitsstunde 1,75 Stunden Freizeitausgleich. So können sie doch in der Woche viel mehr Zeit mit ihren Familien verbringen.“ Unsozial sei Öffnung am Samstagnachmittag keineswegs.
Aber auch in Wien hat jede Medaille zwei Seiten. Die Gegner längerer Öffnungszeiten fürchten einen Nachteil für kleinere Apotheken in Randlagen. Umsätze gingen dort verloren und der teure Notdienst rechne sich nicht mehr.
Wien - 27.07.2011, 10:00 Uhr