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Neuropsychiatrische Erkrankungen
Streptokokken-Infektionen als Auslöser für Tic- und Zwangsstörungen?
Wissenschaftler des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden erforschen im Rahmen einer europaweiten Studie, inwieweit autoimmunologische Prozesse als Folge einer Streptokokken-Infektion sich stark wiederholende Verhaltensweisen wie Tics und Zwangsstörungen auslösen können.
„Der Verdacht eines solchen Zusammenhangs besteht schon länger“, erklärt Professor Veit Rößner, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, „allerdings gab es bisher keine entsprechenden Studien, um gesicherte Daten zu erhalten.“ Nach den Vorstellungen der Forscher lösen Streptokokken-Infektionen Schwellungen und Entzündungsprozesse in bestimmten Gehirnregionen aus, die dann wahrscheinlich Neurotransmissionsprozesse verändern und so Tics und Zwangshandlungen auslösen oder verstärken können. Um diese Vermutung zu bestätigen oder zu widerlegen, startet jetzt die europaweite multizentrische Studie EMTICS mit Forschern aus den Niederlanden, Großbritannien, Italien, Israel, Griechenland, Ungarn, Spanien und Deutschland.
Die Forscher wollen valide Aussagen zu den Auswirkungen bestimmter Streptokokkenstämme hinsichtlich der Verstärkung oder Auslösung von Tics und Zwangshandlungen ermitteln, die aufgrund der zu geringen Fallzahlen bisheriger Studien nicht möglich waren. Denn sehr viele Kinder stecken sich bei engem Kontakt mit einem meist nicht erkennbar kranken Keimträger (Kindergarten, Schule, Krabbelstube oder eigene Familie) mit Streptokokken an. Nur ein bis drei Tage später erkrankt das Kind meist für wenige Tage mit Symptomen wie Schluckbeschwerden, Kopfschmerzen und (unterschiedlich hohem) Fieber, aber nur sehr wenige entwickeln zeitgleich Tics und/oder Zwänge. In Folge der Studie ergäben sich Möglichkeiten zum Entwickeln eines diagnostischen Verfahrens und zum ersten Mal ursächliche Therapiemöglichkeiten für diese Krankheitsbilder.
In die Studie werden zum einen gesunde Kinder von betroffenen Familien aufgenommen, wo entweder Geschwister oder die leiblichen Eltern bereits unter Tics oder Zwangshandlungen leiden. Eine zweite Gruppe bilden Kinder, die selbst an diesen Krankheitsbildern leiden. Ein Teil der Kinder dieser Gruppe wird mit einem Antibiotikum behandelt, das die Streptokokken abtötet. Nach der Theorie der Wissenschaftler sollte das zu weniger Tics und Zwangshandlungen führen. Schließlich werden im Tiermodell die im Menschen gebildeten Antikörper direkt ins Maushirn eingebracht und die Auswirkungen auf die veränderten Neurotransmissionsprozesse beobachtet.
Quelle: Presseinformation der Carl Gustav Carus Universität Dresden, 6. Juli 2011.
Dresden - 04.08.2011, 10:52 Uhr