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Eppendorfer Dialog
Medizin: Künftig besser organisiert, aber nicht billiger
Die Zukunftschancen der Medizin waren das Thema beim 10. Eppendorfer Dialog über die Gesundheitspolitik. Trotz unterschiedlicher Positionen bestand Konsens, dass die älter werdende Gesellschaft und die zunehmenden technischen Möglichkeiten neue Strukturen mit einer stärkeren Vernetzung der Berufsgruppen im Gesundheitswesen erfordern.
Bei der Jubiläumsveranstaltung am 31. August betonte Gastgeber Prof. Dr. Matthias Augustin die hohe Versorgungsqualität des deutschen Gesundheitssystems im internationalen Vergleich, allerdings sei die Effizienz teilweise fraglich. Die Hamburger Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks forderte eine andere Arbeitsteilung zwischen Gesundheits- und Pflegeberufen sowie mehr Vernetzung, um auf die alternde Gesellschaft einzugehen. Neben der nötigen wohnortnahen Versorgung seien Spezialisierung und Zentralisierung für besondere Leistungen gefragt. Dafür sollten auch Selektivverträge abgeschlossen werden können. Prof. Dr. Gerd Glaeske, Bremen, beklagte die starke Fragmentierung des Gesundheitswesens und forderte er ein populationsorientiertes und sektorübergreifendes System. Es sei ein „Professionenmix“ mit mehr Koordination und Kommunikation nötig.
Einen Kontrapunkt zu den Stellungnahmen, die sich eher auf die Organisation bezogen, setzte der Nobelpreisträger Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Harald zur Hausen, Heidelberg. Er beschrieb den Entwicklungsweg seiner Forschung, die Papillomviren als eine Ursache von Gebärmutterhalskrebs identifizierte und so zur Konzeption einer Impfung führte. Damit machte zur Hausen das große Potenzial medizinischer Forschung deutlich. Aussicht auf weitere erfolgreiche Innovationen mit ähnlichem Ansatz machte die Bemerkung von zur Hausen, dass inzwischen 21% der weltweiten Krebsfälle mit Viren in Verbindung gebracht würden.
Doch auch weniger spektakuläre Forschung kann sehr nützlich und effizient sein, wie Prof. Dr. Barbara Sickmüller, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie, erklärte. Sie stellte die Forschung der Pharmaindustrie an bereits bewährten Wirkstoffen vor. Allerdings schaffe das Sozialrecht Anreize gegen diese Forschung. Denn etablierte Wirkstoffe verbleiben im Festbetragssystem und die Arzneimittel dürften sogar ungeachtet ihrer Zulassung substituiert werden. Daher forderte Sickmüller Ausnahmeregeln für nachgewiesene neue Anwendungen. Prof. Dr. Jörg F. Debatin, ärztlicher Direktor des Uniklinikums Hamburg-Eppendorf, betonte, dass der technische Fortschritt auch in Zukunft die Medizin nicht billiger machen werde. Als wesentliche Trends hob er die Individualisierung der Medizin und die Spezialisierung der Ärzte hervor.
Einen ausführlichen Bericht über den Eppendorfer Dialog finden Sie in der nächsten gedruckten Ausgabe der DAZ.
Hamburg - 02.09.2011, 15:00 Uhr