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Arzneiverordnungs-Report 2011
Ruf nach einem „Generika-AMNOG“
Generika gelten in Deutschland als große Erfolgsstory. Der Arzneiverordnungs-Report 2011 sieht dennoch auch hier weiteres Einsparpotenzial. Denn im Vergleich zu anderen europäischen Ländern seien die Nachahmerpräparate noch immer sehr viel teuer. Pharmaverbände halten dem AVR Polemik und das Arbeiten mit „unsauberen Daten“ vor.
Im vergangenen Jahr zogen die AVR-Herausgeber das Beispiel Schweden heran – in diesem ist es Großbritannien. Im Durchschnitt seien die führenden deutschen Generika 90 Prozent teurer als in Großbritannien, so Prof. Ulrich Schwabe heute bei der Vorstellung des AVR. Clopidogrel Hexal (100 Tabletten 75 mg) kosteten hierzulande sogar 148,38 Euro (AVP), während ein englisches Clopidogrel-Generikum lediglich mit 12,69 Euro zu Buche schlage – jeweils ohne Mehrwertsteuer. Das ist mehr als das Zehnfache. 3,3 Mrd. Euro ließen sich bei Generika noch einsparen, wenn man für die umsatzstärksten Medikamente britische Preise heranziehe, so Schwabe.
Die Schlussfolgerung des AVR-Herausgebers: Die bestehenden Regulierungsinstrumente können auch im Generikamarkt die Preisprobleme in Deutschland nicht lösen. „Was früher mit Einfuhrzöllen zum Schutze der heimischen Wirtschaft erreicht wurde, gelingt heute offenbar genauso gut über eine mangelhafte Transparenz des Arzneimittelmarktes“, so Schwabe. Die vielfältigen Regulierungsinstrumente – Festbeträge, Rabattverträge, Zusatzrabatte etc. – verdüsterten die Transparenz eher. Dieses Problem könne auch das AMNOG nicht lösen. Vermutlich, so Schwabe, brauche man ein „Generika-AMNOG“.
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) kann dem insoweit beipflichten, als dass er die Rabattverträge abgeschafft wissen will, um mehr Transparenz zu erlangen. „Der AVR will natürlich mit seiner Forderung die Preise senken. Doch die Forderung macht erneut deutlich, dass er die Systematik der Preisbildung in Deutschland und anderen europäischen Ländern nicht verstanden hat oder stillschweigend ignoriert“, erklärte Dr. Norbert Gerbsch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des BPI. Von einem Arzneimittel, das in der Apotheke 11 Euro zu Lasten der GKV kostete, erhalte der Hersteller nur rund 35 Cent. Der Rest gehe in die Mehrwertsteuer und die Handelsstufen. Gerbsch: „Wer also die Hersteller angreift, sollte auch mit den Finanzen argumentieren, die die Hersteller erhalten. Alles andere ist Polemik und ramponiert einen wissenschaftlichen Ruf“.
Bork Bretthauer, Geschäftsführer des Branchenverbandes Pro Generika, hält dem AVR vor, mit „unsauberen Fakten und Daten“ zu arbeiten. So unterscheide er nicht zwischen Generika und patentfrei gewordenen Erstanbieterpräparaten, sondern fasse beide als „Generika“ – erstere kosteten aber im Durchschnitt ab Werkstor nur ein Drittel der Altoriginale. Zudem kritisiert auch Pro Generika den Vergleich der Apothekenverkaufspreise und nicht der Herstellerabgabepreise. Bekanntlich verteuerten die Zuschläge für Großhandel und Apotheken sowie die gesetzliche Mehrwertsteuer gerade in Deutschland preisgünstige Generika, so Bretthauer. Die Mehrwertsteuer hat allerdings auch der AVR aus seinen Vergleichszahlen herausgerechnet.
Bretthauer verweist zudem darauf, dass die Generikaunternehmen in Deutschland einen Umsatzanteil von ca. 4 Milliarden Euro zu Herstellerabgabepreisen hätten. Dies müsse die AVR-Autoren stutzig machen. „Denn zieht man davon die vermeintlichen Einsparpotenziale und noch sämtliche Rabatte ab, die der AVR selbst auf über eine Milliarde veranschlagt, bliebe nicht einmal eine schwarze Null“, so Bretthauer.
Berlin - 14.09.2011, 17:36 Uhr