Jahresbericht 2010

Bundesrechnungshof kritisiert Missmanagement der Kassen

Berlin - 16.11.2011, 11:09 Uhr


Millionenverluste durch unwirtschaftliche Mietverträge und Fusionen: Der Bundesrechnungshof (BRH) nahm sich in seinem aktuellen Bericht zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes im Jahr 2010 besonders die Krankenkassen zur Brust.

So fahren die Krankenkassen teilweise enorme Verluste ein, weil sie zu große und zu teure Objekte anmieten. Bei der Untersuchung mehrerer Mietverträge von Krankenkassen stellte der BRH Mieten über dem ortsüblichen Niveau, Laufzeiten von bis zu 20 Jahren ohne ordentliches Kündigungsrecht und Flächen, die den Bedarf der Krankenkassen überschreiten, fest. In einem konkreten Fall nutzte eine Krankenkasse von den angemieteten 32.000 m² lediglich rund 13.500 m² – für die restliche Fläche musste sie bis auf wenige Untervermietungen mit geringeren Einnahmen Leerstände hinnehmen. Ihr entstanden dadurch bis Ende 2010 finanzielle Einbußen in Höhe von mindestens sechs Millionen Euro.

Weil es bisher keine gesetzliche Verpflichtung für Kassen gibt, die Aufsichtsbehörden vor dem Abschluss eines Mietvertrages einzubeziehen, fordert der BRH in seinem Bericht nun Gegenmaßnahmen. Das Bundesversicherungsamt (BVA) hat als Aufsichtsbehörde zwar für die Kassen seines Zuständigkeitsbereichs Leitlinien verfasst, in denen es um Unterrichtung vor einem Mietvertragsabschluss „bittet“ – allerdings folgten die Kassen dieser Bitte nur in Einzelfällen. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hält eine Vorlage- und Genehmigungspflicht jedoch nicht für erforderlich. Eine solche sei nur gerechtfertigt, wenn die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit regelmäßig und flächendeckend nicht beachtet würden – die Stichprobe des BRH sei jedoch zu klein, um einen repräsentativen Einblick zu vermitteln.

Auch gegenüber der Fusionspraxis von Krankenkassen zeigte sich der BRH kritisch. Bei seinen Untersuchungen von mehr als einem Viertel aller in den Jahren 2007 bis 2009 vollzogenen Fusionen stellte er fest, dass die geprüften Kassen ihre Ziele, Leistungs- und Verwaltungsausgaben einzusparen, oft nicht erreichten. Bei fast allen überprüften Fusionen stiegen die Verwaltungsausgaben im Jahr der Fusion sogar um bis zu 18 Prozent an. Der BRH bemängelte zudem manche fusionsbedingten Mehrausgaben, wie die Erhöhung von Vorstandsvergütungen um bis zu 25 Prozent, Vorstandsabfindungen und Kosten für die Fusion begleitende externe Unternehmensberatungen in Millionenhöhe.

Für die Zukunft fordert er in seinem Bericht die Festlegung von Mindestanforderungen an ein Fusionskonzept, damit die entsprechende Aufsichtsbehörde die Wirtschaftlichkeit der Fusion und ihren Nutzen für die Versichertengemeinschaft nachvollziehbar überprüfen kann. Die untersuchten Fusionskonzepte waren nämlich sehr unterschiedlich – hinsichtlich Umfang und Inhalt. Sie reichten von einer halben bis zu 56 Seiten, nannten nur teilweise die mit der Fusion verfolgten Ziele und enthielten auch nicht immer Aussagen zu den Kernbereichen Organisation, Personal und Finanzen. Das BMG verwies diesbezüglich lediglich darauf, dies seien Anliegen der Aufsichtsbehörden, die Probleme bei der Umsetzung der aktuellen Regelung bisher nicht an das Ministerium herangetragen hätten.


Juliane Ziegler