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Apothekerkammer Brandenburg
Gefahr der „Apotheke light“ durch die Hintertür?
Der Kabinettsentwurf für die neue Apothekenbetriebsordnung hat bei vielen Apothekerinnen und Apothekern für Erleichterung gesorgt. Die zunächst vorgesehenen Privilegierungen für Filialverbünde sind größtenteils vom Tisch – eine Ausnahme bildet der Notdienst. Der Präsident der Apothekerkammer Brandenburg, Jürgen Kögel, fürchtet jedoch, dass sich bei diesem Entwurf die „Apotheke light“ durch die Hintertür schleichen könnte.
Kögel sieht es beispielsweise kritisch, dass es künftig möglich sein soll, bei der Untersuchung von Ausgangsstoffen die Identitätsprüfung in einer Apotheke des Filialverbunds durchzuführen zu lassen. Gegenüber DAZ.online zeigte sich der Kammerpräsident überzeugt, dass diese Regelung früher oder später die Gerichte beschäftigen wird. Denn, so könnte ein Kläger argumentieren, wozu brauche eine Filiale, in der keine derartigen Prüfungen durchgeführt werden, überhaupt ein Labor? In der Folge könnte auch die Frage, ob wirklich jede Apotheke in der Lage sein muss, Rezepturen herzustellen, wieder virulent werden – aus Kögels Sicht bleibt damit die Hintertür für die „Apotheke light“ geöffnet.
Auch im Hinblick auf die angedachten Regelungen zur Dienstbereitschaft im Filialverbund sieht Kögel bereits Diskussionen und Probleme auf die Kammern zukommen. Die Frage, wann ein berechtigtes Interesse an einer Notdienstverlagerung besteht, wird sicherlich vielfach unterschiedlich betrachtet werden.
Kein Verständnis hat Kögel zudem dafür, dass das „Stellen“ und „Verblistern“ nun in der Apothekenbetriebsordnung definiert und in einem eigenen Paragrafen genauer geregelt wird. Das Stellen von Arzneimitteln ist für ihn keinerlei besondere pharmazeutische Leistung – tagtäglich würden Arzneimittel von Menschen gestellt, die keine Arzneimittelexperten sind, so etwa in der Familie. Dass die patientenindividuelle Verblisterung Eingang in den Verordnungsentwurf gefunden hat, ist Kögel zufolge darauf zurückzuführen, dass das Ministerium Splitterverbänden, die ihre Einzelinteressen vertreten, bei der Anhörung und Stellungnahme die gleichen Rechte eingeräumt hat wie der offiziellen Standesvertretung. Aus Sicht des Kammerpräsidenten ein höchst beklagenswerter Zustand.
Darüber hinaus hält Kögel, der Ende Februar sein Amt als Kammerpräsident niederlegen wird, den Plan, für alle Apotheken ein verpflichtendes Qualitätsmanagementsystem einzuführen, für verfehlt. Damit werde nur „ein Schein von Qualität“ vermittelt, glaubt er. Seine Kammer setzt stattdessen auf regelmäßige Ringversuche.
Seine Bedenken werden in weiten Teilen von der brandenburgischen Gesundheitsministerin geteilt. Anita Tack (Linke) stand stets an der Seite der Apotheker, als es darum ging, die „Apotheke light“ zu verhindern. Nun warnt auch sie davor, die Verpflichtung zur Vorhaltung eines funktionsfähigen Labors durch andere neue Regelungen zu verwässern: „Es darf nicht dazu kommen, dass zwar jede der bis zu vier Apotheken eines Filialverbundes formal über ein Labor verfügt, aber der Leiter bzw. die Leiterin der Apotheke allein entscheiden kann, nur in einer Apotheke ein funktionsfähiges Labor vorzuhalten und in den anderen Apotheken den Umfang der Geräteausstattung und Reagenzien derart zu reduzieren, dass eine Funktionsfähigkeit nicht mehr gegeben ist“, heißt es in einer gestern veröffentlichten Pressemeldung des Ministeriums.
Auch in Sachen Not- und Nachtdienst ist Tack auf einer Linie mit der Kammer. Dieser dürfe auf dem Land nicht ausgedünnt werden. Sie verweist darauf, dass die Apotheken eine tragende Säule im gesundheitlichen Versorgungssystem seien, und fordert entsprechende Nachbesserungen. „Unser Ziel ist es, alle Apotheken mit gleicher Leistungsfähigkeit zu erhalten. Dazu werden wir uns im Bundesratsverfahren weiter engagieren“, so die Ministerin abschließend.
Berlin - 08.02.2012, 14:40 Uhr