Autismus

Gen für synaptische Fehlregulation

Ulm - 13.05.2012, 10:00 Uhr


Für die Entwicklung von Erkrankungen aus dem autistischen Formenkreis werden unter anderem Störungen an synaptischen Kontaktstellen im zentralen Nervensystem verantwortlich gemacht. Ulmer Forscher und Wissenschaftler des Pariser Institut Pasteur und der Berliner Charité-Universitätsmedizin untersuchten jetzt genetisch veränderte Mäuse, denen das synaptische Protein ProSAP1/Shank2 fehlt.

Die Kommunikation der Nervenzellen wird in den Synapsen durch Gerüstproteine wie ProSAP1/Shank2 stabilisiert. Beim Menschen können Mutationen in diesem Gen zu Autismus führen. Mäuse, denen ProSAP1/Shank2 fehlt, sind hyperaktiv und zeigen sich immer wiederholende Handlungen – etwa bei der Fellpflege. In Verhaltensexperimenten werden zudem Auffälligkeiten in der sozialen und kommunikativen Interaktion deutlich.

Auch die Gehirne der Mäuse verändern sich. So ist die Dichte dendritischer Dornen, an denen die vorgeschalteten Nervenzellen synaptische Kontakte bilden, wesentlich geringer als beim Wildtyp. Elektrophysiologische Messungen zeigen eine auffällig veränderte Signalübertragung.

Bei den genetisch modifizierten Mäusen liegt anscheinend ein molekularer Reifungsdefekt der Synapse vor. Ist ProSAP1/Shank2 ausgeschaltet, wird das verwandte Gerüstprotein ProSAP2/Shank3 vermehrt an der Synapse gebildet. Gleichzeitig nehmen Glutamatrezeptoren zu. Offenbar erfüllen ProSAP1/Shank2 und ProSAP2/Shank3 an erregenden Synapsen verschiedene, in Wechselwirkung stehende Funktionen.

Eines Tages könnte die „Reparatur“ dieses Defekts Grundlage einer Autismus-Therapie sein.

Literatur: Schmeisser, M. J., et al.: Nature 2012, Online: doi:10.1038/nature11015


Dr. Bettina Hellwig