Fangprämien

Bahr sieht Kassen im Zugzwang

Berlin - 22.05.2012, 17:23 Uhr


Für Gesundheitsminister Daniel Bahr ist die Gesetzeslage klar: „Wenn ein Arzt gegen Entgelt in Kliniken zuweist, muss das geahndet werden. Die Kassen haben alle Möglichkeiten, das zu tun“, so reagierte Bahr auf eine aktuelle Studie über Korruption im Gesundheitswesen. Darin hatte der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen den Vorwurf erhoben, jede vierte Klinik zahle für Einweisungen sogenannte Fangprämien. Eine Studie allein reiche nicht aus, so Bahr.

Die Studie „Zuweisungen gegen Entgelt“ liefert Hinweise darauf, dass sich niedergelassene Fachärzte, Angestellte von stationären Einrichtungen und nicht-ärztliche Leistungserbringer wirtschaftliche Vorteile verschaffen, indem sie sich gegenseitig Patienten zuweisen. „Im deutschen Gesundheitswesen besteht gegenwärtig erhebliches Korruptionspotenzial“, schlussfolgert Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes.

Im Gegensatz zu Bahr ist die rechtliche Lage für den GKV-Spitzenverband offenbar nicht eindeutig: Das Berufsrecht und – seit der Einführung des Versorgungsstrukturgesetzes – auch das Sozialrecht verbieten niedergelassenen Ärzten die Zuweisung gegen Entgelt. Die Frage, ob sich ein Vertragsarzt wegen Korruption strafbar mache, sei aber bislang juristisch umstritten. Auch in Krankenhäusern würden das Berufsrecht und das sozialrechtliche Zuwendungsverbot gelten.

Allerdings sieht der GKV-Spitzenverband eine Lücke in landesgesetzlichen Regelungen im Krankenhausrecht: Krankenhäusern und ihren Trägern sei nur in Nordrhein-Westfalen und in Bremen eine Zuweisung gegen Entgelt verboten. In den restlichen Ländern fehle eine solche Regelung bislang. Für nicht-ärztliche Leistungserbringer – zu denen auch Apotheken gehören – fände sich ein Verbot von Zuwendungen und wirtschaftlichen Vorteilen im fünften Sozialgesetzbuch.

Der GKV-Spitzenverband betont, für berufsrechtliche Fragen seien die Landesärztekammern zuständig: Sie seien die erste Instanz, um zu beurteilen, ob ein Arzt durch sein Verhalten die Berufsordnung verletze. Verstöße müssten „endlich“ konsequenter verfolgt und sanktioniert werden. „Denn schließlich reden wir hier nicht von Kavaliersdelikten“, so Kiefer.

Die Studie wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Kai-D. Bussmann, Universität Halle-Wittenberg, im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes durchgeführt. Auf der Basis von über 1100 Telefoninterviews wurde untersucht, wie Beteiligte am Gesundheitswesen das Ausmaß von Verstößen gegen die Berufsordnung, geltende Verträge und gegen sozialrechtliche Regelungen einschätzen. Befragt wurden niedergelassene Fachärzte, leitende Angestellte von stationären Einrichtungen und nicht-ärztliche Leistungserbringer – darunter auch Apotheker.


Svenja Schwob


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