Trisomie 21

Streit um pränatalen Diagnostiktest

Berlin - 06.07.2012, 10:17 Uhr


Ein pränataler Diagnostiktest soll künftigen Eltern Klarheit darüber bringen, ob ihr Kind das Down-Syndrom hat. Der PraenaTest® des Konstanzer Unternehmens „LifeCodexx“ kommt in diesem Juli auf den deutschen Markt und sorgt für heftige Diskussionen.

Der vorgeburtliche Bluttest auf das Down-Syndrom ist kein zulässiges Diagnosemittel nach dem Gendiagnostikgesetz, jedenfalls wenn es nach Prof. Klaus Ferdinand Gärditz von der Universität Bonn geht. Im Auftrag des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Hubert Hüppe, hat er ein Rechtsgutachten erstellt. „Der Test dient weder medizinischen noch therapeutischen Zwecken“, erklärt Hüppe. Das Down-Syndrom sei weder therapierbar noch heilbar. Es gehe bei dem Bluttest daher fast ausschließlich um „Selektion von Menschen mit Down-Syndrom“. Darüber hinaus handle es sich bei dem Produkt nicht um ein verkehrsfähiges Medizinprodukt.

Die Bundesvereinigung Lebenshilfe fordert seit langem eine ethische Debatte über neue pränatale Testverfahren und mehr Aufklärung über Trisomie 21. Sie hält den neuen Test für „hochproblematisch“: Er werde erst der Anfang sein, warnt ihr Bundesvorsitzender Robert Antretter. „Zukünftig wird eine Vielzahl genetisch bedingter Erkrankungen und Behinderungen diagnostizierbar sein.“ Dabei müssten sich die Eltern schon heute rechtfertigen, warum sie ‚so ein Kind‘ bekommen hätten. So sieht es auch die Koalition: Der Test leiste der „routinemäßigen Selektion menschlichen Lebens Vorschub“, erklärten die stellvertretenden Vorsitzenden der Unionsfraktion, Ingrid Fischbach und Johannes Singhammer. Sie fordern daher die zuständigen Landesbehörden auf, ein Inverkehrbringen des Tests zu unterbinden.

Auch aus Sicht des gesundheitspolitischen Sprechers der Christdemokraten im Europäischen Parlament, Dr. med. Peter Liese, bringt das neue Produkt „mehr Fluch als Segen“ mit sich. Es bestehe die „dramatische Gefahr einer unkritischen Anwendung und damit einer massiven Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen“. Er fordert angesichts der Tatsache, dass die DNA-Diagnostik immer einfacher werde und es in den nächsten Jahren „eventuell ausreicht, einen Bluttropfen auf Löschpapier über die Grenze zu verschicken,“ die Festsetzung von europäischen Mindeststandards. Anders als in Deutschland gebe es nämlich in vielen anderen europäischen Ländern kein vorgeschriebenes Prinzip der genetischen Beratung.

Der molekulargenetische Test sei eine „risikolose Ergänzung bestehender nicht-invasiver vorgeburtlicher Untersuchungsmethoden“, erklärt wiederum der Hersteller des Tests. Entwicklung und Anwendung erfolgten innerhalb des geltenden rechtlichen Rahmens für pränatale Untersuchungsverfahren und der Test sei als Medizinprodukt CE-zertifiziert und daher als In-Vitro-Diagnostikum verkehrsfähig. Gleichwohl will man sich bei „LifeCodexx“ zu den zum Ausdruck gebrachten Bedenken nach entsprechender Prüfung aller Details äußern.


Juliane Ziegler