Asthma bronchiale

Ionenkanal als Target für neue Wirkstoffe

Heidelberg/Hannover - 22.09.2012, 12:52 Uhr


Bei schweren Formen der chronischen Lungenerkrankung Asthma bronchiale fehlt ein Chloridionen-Transportprotein, das zur Verdünnung des Lungensekrets beiträgt. Der Schleim bleibt trocken, löst sich nicht und kann die Atmung lebensgefährlich behindern. Diesen Zusammenhang haben Wissenschaftler des Universitätsklinikums Heidelberg und der Medizinischen Hochschule Hannover im Tiermodell herausgefunden.

Bei Patienten mit sehr schwerem Asthma sind häufig die Atemwege mit trockenem Schleim verstopft. Bisher gibt es noch keine Wirkstoffe, mit denen der Abfluss des zähen Sekrets bei schweren Asthmaanfällen gefördert werden kann.

Forscher aus Heidelberg und Hannover identifizierten jetzt im Rahmen einer Zusammenarbeit im Deutschen Zentrum für Lungenforschung erstmals eine Ursache für die Bildung des trockenen Schleims: Sie untersuchten an Mäusen den Einfluss des Proteins SLC26A9, einem Chloridionenkanal in den Zellen der Atemwegsschleimhäute, auf den Schweregrad des Asthmas. Das Eiweißmolekül spielt eine wichtige Rolle beim Flüssigkeitstransport aus dem Zelleninneren auf die Oberfläche der Atemwege. Bei der allergischen Entzündung wird der Ionenkanal aktiviert und transportiert Chloridionen aus der Schleimhaut in das Lungensekret. Wasser strömt nach und befeuchtet den vermehrt gebildeten Schleim. So kann dieser sich lösen und gemeinsam mit den Allergenen und anderen Reizstoffen aus der Lunge befördert werden. Bei Mäusen mit Asthma, die den Kanal nicht bilden können, erhöht sich der Chloridionentransport nicht. In ihren Lungen entstehen unlösliche Schleimpfropfen, wie sie auch bei Menschen mit schwerem therapieresistentem Asthma oder nach tödlichen Asthmaanfällen zu finden sind.

Zusätzlich suchte das Team bei 661 Kindern mit Asthma und 658 gesunden Kindern nach Fehlern im genetischen Bauplan des Chloridkanals. Bestimmte Veränderungen, welche die Funktion des Proteins beeinträchtigen, waren bei Kindern mit Asthma zu 50 Prozent häufiger zu finden als bei gesunden Kindern, so die Forscher. Sie gehen daher davon aus, dass Fehler im Aufbau oder in der Regulation des Kanals das Risiko, an schwerem Asthma zu erkranken, deutlich erhöhen.

In Zukunft könnte ein Wirkstoff, der SLC26A9 aktiviert, den Patienten helfen, bei denen bisherige Therapien nicht anschlagen. Eventuell ließe sich ein solcher Wirkstoff auch zur Behandlung der Mukoviszidose einsetzen.

Literatur: Anagnostopoulou, P., et al.: J. Clin. Invest. 2012; Online: doi:10.1172/JCI60429.


Dr. Bettina Hellwig