Stammzellforschung

Medizin-Nobelpreis für Gurdon und Yamanaka

Stockholm - 08.10.2012, 13:47 Uhr


Der Medizin-Nobelpreis geht in diesem Jahr an John Gurdon (79) aus Großbritannien und Shinya Yamanaka (50) aus Japan. Sie entdeckten, dass erwachsene Körperzellen in den embryonalen Zustand rückprogrammiert werden können. Das teilte das Karolinska-Institut am Montag in Stockholm mit.

Die höchste Auszeichnung für Mediziner und Biologen ehrt eine der erstaunlichsten Entdeckungen der vergangenen Jahrzehnte. 2006 berichtete Yamanaka, dass sich Zellen aus dem erwachsenen Körper mit genetischen Tricks in Stammzellen zurückverwandeln lassen, die jenen aus dem Embryo weitgehend gleichen. Konkret ging es um Schwanzzellen von Mäusen, die mithilfe von vier Kontrollgenen zurückprogrammiert wurden. Schon sechs Jahre später wird der Japaner dafür mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Die gleiche Ehre geht an Gurdon, der vor rund 50 Jahren die Grundlagen für Yamanakas Forschung geschaffen hatte.

Viele Forscher auf der ganzen Welt hoffen, dass sich aus diesen sogenannten induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) eines Tages Ersatzgewebe oder -organe erschaffen lassen, die vom Empfänger nicht abgestoßen werden, weil sie aus ihrem eigenen Körper stammen. In den vergangenen Jahren wurden die sehr entwicklungsfähigen iPS-Zellen tatsächlich bereits in viele andere Zelltypen gewandelt. Und, mehr noch: Sogar lebensfähige Mäuse wurden daraus geschaffen.

Nur sechs Jahre nach der entscheidenden Publikation setzt das Nobelkomitee auf dieses Potenzial der neuen Zellen. „Die beiden Preisträger haben völlig neue Felder für die Entwicklung von medizinischen Präparaten eröffnet“, sagte heute Thomas Perlmann vom Nobelkomitee. Sein Kollege Urban Lendahl vom Komitee ergänzte: „Es ist noch zu früh zu sagen, wann die Erkenntnisse in der Zelltherapie umgesetzt werden können. Dank ihrer Arbeit wissen wir jetzt, dass die Zellentwicklung keine Einbahnstraße ist.“

Yamanaka empfindet die Verleihung des Medizin-Nobelpreises an ihn als „enorme Ehre“. Es sei aber auch eine gewaltige Ermutigung für ihn selbst, seine Kollegen und alle Wissenschaftler, die mit iPS-Zellen arbeiten, die Forschungen fortzusetzen, wird er in einer Stellungnahme auf der Webseite des Center for iPS Cell Research and Application (CiRA) der Universität Kyoto zitiert. Er werde mit seinen Kollegen härter arbeiten, um effektive Medikamente und neue Therapien zu entwickeln.

Die höchste Auszeichnung für Mediziner ist diesmal mit umgerechnet 930.000 Euro dotiert. Damit vergibt die Stiftung 20 Prozent weniger Geld als in den Jahren zuvor. Das Stiftungskapital hatte unter der Wirtschaft- und Finanzkrise gelitten.


dpa