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Die letzte Woche
Mein liebes Tagebuch...
...warum eigentlich noch ABDA-Wahlen? Unsere Berufsvertretung hat sich bereits „verständigt“, wer die Politik in den nächsten vier Jahren für die Apotheken machen soll. Die neue Führungsriege steht fest. Ich dachte immer, Wahl kommt von wählen, von auswählen... Aber es gab noch mehr Interessantes in der vergangenen Woche.
29. Oktober 2012
Alle Zuzahlungen und nicht nur die Praxisgebühr sollen auf den Prüfstand und gegebenenfalls abgeschafft werden, tönte es in der vergangenen Woche gleich von zwei Seiten: von der AOK Rheinland/Hamburg und von der Linksfraktion. Da versteht man die Welt nicht mehr, liebes Tagebuch. Dass sich die Linken in der Opposition nicht um die Finanzen im Gesundheitswesen kümmern müssen und mit populistischen Forderungen punkten wollen, ist mir klar. Aber die AOK? Die jeden Cent retaxiert, aufschreit beim Apothekenhonorar und vor allem beim Kassenabschlag. Welcher Teufel hat diese Kasse geritten?
30. Oktober 2012
Noch ein Aufreger in dieser Woche, der von höchster Unsensibilität zeugt: Pharmaunternehmen wie Schaper & Brümmer finanzieren die neuen TV-Spots der insolventen Versandapotheke Sanicare mit. Da gibt‘s doch gleich mehrere Fragen: Wieso kann und muss die insolvente Versandapotheke noch Fernsehspots schalten? Warum investiert ein Pharmaunternehmen Geld in die TV-Werbung eines insolventen Unternehmens? Apotheken reagieren bereits, sie räumen Präparate wie Remifemin und Esberitox aus der Sichtwahl und wollen andere Produkte empfehlen. Liebes Tagebuch, nimmt da wieder einmal ein Pharmahersteller die Apotheker nicht ernst? Da hilft auch nicht, dass Schaper & Brümmer wieder kuscheln will und von sich gibt, „auf ein gutes, vertrauensvolles Verhältnis zu den niedergelassenen Apothekern vor Ort“ Wert zu legen. Partnerschaft sieht anders aus und gemeinsame Werbestrategien mit Versandapos kommen bei den Niedergelassenen eben nicht gut an. Müsste doch zu kapieren sein.
Was mich auch aufregt, liebes Tagebuch: Wir Apotheker müssen ausbaden, dass Kassen im vergangenen Jahr die Impfstoffpreise für den Sprechstundenbedarf zu spät mitteilten, so dass sie nicht rechtzeitig in die Software eingepflegt werden konnten. Die betroffenen bayerischen Apothekerinnen und Apotheker haben dadurch im Vertrauen auf ihre Software falsche Preise taxiert und zu hoch abgerechnet. Jetzt retaxiert die AOK Bayern. So was darf es doch nicht geben! Warum hat man dann nicht eine spätere Gültigkeit der neuen Preise vereinbart? Irgendwie sind wir Apothekerinnen und Apotheker in Verträgen mit den Kassen immer wieder die Gelackmeierten, die Erfüllungsgehilfen, die teure Software für die immer aufwendigeren und komplizierten Forderungen der Kassen bezahlen, was aber in keiner Weise mit einem partnerschaftlichen Verhalten gewürdigt wird. So was darf es nicht mehr geben. Das ist keine Partnerschaft.
Dauerbrenner Grippeimpfstoffe: Der Bayerische Gesundheitsminister will den Bund in die Pflicht nehmen. Er solle eine Lösung für die Lieferengpässe entwickeln. Man wird sehen, ob sich was bewegt. Und der Verband Forschender Arzneimittelhersteller meinte in der vergangenen Woche: Exklusive Lieferverträge zwischen einer großen Krankenkasse und genau einem Hersteller sind nicht geeignet für eine gute und flexible Versorgung der Bevölkerung mit Grippe-Impfstoffen. Stimmt. Und nun? Das Drama dauert an.
Jetzt ist‘s raus: Der Präsident der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz, Dr. Andreas Kiefer, will der nächste Präsident der Bundesapothekerkammer werden. Und er wird‘ s wohl werden. Die Entscheidung ist bei einer Gremiensitzung der ABDA gefallen. Damit hätten wir schon die neue Führungsriege der ABDA zusammen: Schmidt wird ABDA-Präsident, Kiefer wird BAK-Präsident und Becker bleibt DAV-Chef. So, liebes Tagebuch, zu wählen gibt‘s da nichts mehr. Gibt ja auch keine anderen Kandidaten mehr, die sich wählen lassen wollen. Drei Männer an der Spitze eines Berufs, in dem rund 70 bis 80 Prozent Frauen arbeiten. Wie sagte der ABDA-HGF Schmitz auf dem Apotag: Etwas demokratischeres wie die ABDA gibt es nicht. Hhmmm. Und alles ist ja so transparent, liebes Tagebuch.
31. Oktober 2012
Der Management-Kongress auf Mallorca beginnt. Viele der Teilnehmer sind schon mehrmals dabei gewesen, wir von der DAZ zum ersten Mal. Ein Kongress in lockerer Atmosphäre. Die mallorquinische Gegend macht den Kopf frei, auch mal anders zu denken, über den Tellerrand der eigenen Apotheke hinaus zu schauen – und das ist gut so. Tolle Vorträge über Chancen, Erfolgsfaktoren, nette Kolleginnen und Kollegen und gute Gespräche. Interessante Meinungen, hört man, liebes Tagebuch, in Gesprächen abends an der Bar. Zum Beispiel zu Sanicare: „Das konnte nicht gut gehen, zu schnell gewachsen, den Überblick verloren, so heißt es. Beklagt wird auch immer wieder die mangelnde Kollegialität unter den Apothekerinnen und Apothekern, viele Kolleginnen und Kollegen, so heißt es in den Pausengesprächen, verwechseln Wettbewerb mit unlauteren Methoden. Geprägt von vielen persönlichen Erfahrungen scheint auch das Thema Kooperation zu sein. Einige Kolleginnen und Kollegen wollten nichts mehr mit einer Kooperation zu tun haben, zu teuer, zu wenig Einkaufsvorteile, zu bürokratisch, zu restriktiv, während andere von den Vorteilen schwärmen wie beispielsweise Einkaufsvorteilen und Hilfestellung bei betriebswirtschaftlichen und Marketingfragen. Auch nette Zitate konnte man hören, wie „Machen Sie den Arzt zu ihrem Außendienstmitarbeiter“ oder „Benchmarks sind wie Sterne: nur zur Orientierung, aber unerreichbar.“
1. November 2012
Alliance Boots und Walgreens wollen expandieren und in der Schweiz ein gemeinsames Tochterunternehmen gründen. Ziel soll die „Beschleunigung der internationalen Entwicklung“ sein, was immer das heißen mag, liebes Tagebuch. Was meinst du, was mit diesem Konzern noch auf uns zukommt? Im nächsten Jahr steht die Namensänderung an: Anzag geht, Alliance Healthcare Deutschland kommt. Apothekerinnen und Apotheker, mit denen man darüber spricht, finden das nicht gut. Für sie wird noch immer der Anzag-Fahrer die Ware bringen – und nicht der von Alliance Healthcare.
2. November 2012
Tollen Vortrag von „Mr. Dax“ Dirk Müller auf dem Management-Kongress gehört. Er sprach über die globalen Zusammenhänge zwischen Euro, Europa, Schulden. Die Inflation kommt, ist vielleicht sogar gewollt. Und wie könnte man das eigene Geld anlegen, um möglichst viel zu retten? Müller meint: Gold (und Silber) in Form von Münzen, ausgewählte Aktien und diese zum Teil gegen Kursabstürze versichern (Optionsscheine). Als Zukunftsbranche sieht er den 3D-Druck – könnte eine hochspannende industrielle Revolution werden.
3. November 2012
Der letzte Tag des Management-Kongresses auf Mallorca. Die Woche ist rasch und kurzweilig vergangen. Heute morgen führte der Manager des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks – die Nummer zwei unter Deutschlands großen Orchestern –, Stephan Gehmacher hinter die Kulissen eines Orchesters. Liebes Tagebuch, der Blick über den Tellerrand zeigte: Ein Orchester ist wie ein Organismus, es kommt auf Teamarbeit an, jeder hat aber auch Raum für Individualität. Parallelen zur Apotheke und ihrem Team liegen auf der Hand.
Professor Kaapke brannte ein Vortragsfeuerwerk ab: der Kunde im Fokus. Es wurde so viel gelernt und gelacht – es wird den Teilnehmern im Gedächtnis bleiben.
Und dann kam schon die Stunde des Abschieds. Die Teilnehmer verteilten nur Bestnoten für Inhalt und Organisation des Kongresses. Was richtig toll war, liebes Tagebuch, es gab wohl keinen, der nicht so eine Art positives „Wir-Gefühl“ spürte. Es hat Spaß gemacht.
04.11.2012, 08:00 Uhr