Ermittlungen gegen Gynäkologen

Geschäfte mit illegalen Import-Arzneimitteln

Berlin - 05.11.2012, 14:28 Uhr


Rund 600 Gynäkologen sollen Patientinnen das in Deutschland nicht zugelassene Empfängnisverhütungsmittel Depocon® verkauft haben – unter Umgehung von Apotheken. Wie Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert von der Staatsanwaltschaft Wuppertal gegenüber DAZ.online bestätigte, laufen die Ermittlungsverfahren. Den Ärzten sei angeboten worden, sie gegen Geldleistung einzustellen.

Die Ermittlungen richten sich dabei gegen ein Geflecht von Betrieben aus Spanien, Zypern und England. Diese schrieben deutsche Frauenärzte an und boten ihnen die in Deutschland nicht zugelassene Injektionssuspension mit dem Wirkstoff Medroxyprogesteronacetat an. Weil Depocon® günstiger ist als die entsprechende in Deutschland zugelassene Drei-Monats-Spritze, bestellten die Gynäkologen das Präparat. Geliefert wurde es daraufhin von einem Logistikunternehmen mit Sitz in Remscheid.

Die Staatsanwaltschaft Wuppertal ermittelt bereits seit einigen Monaten gegen 611 Gynäkologen, im Juli wurden in diesem Zusammenhang auch einige Arztpraxen durchsucht. Dabei wurden Unterlagen beschlagnahmt, etwa über Bestellungen des Präparats. Während der Ermittlungen stellte sich dann heraus, dass acht Frauenärzte lediglich Mullbinden und andere erlaubte Produkte über das Logistikzentrum bestellt hatten, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Zehn weitere Gynäkologen waren bereits altersbedingt verstorben.

Die übrigen 593 Ärzte könnten ebenfalls um ein Strafverfahren herum kommen: Ihnen wurde inzwischen angeboten, das Verfahren gegen Geldleistung einzustellen (§ 153a StPO). Nach Angaben des Sprechers müssten sie dafür ⅔ des jeweiligen Warenwerts bezahlen. Im Durchschnitt lag dieser zwischen 3.000 und 10.000 Euro. 20 Ärzte stimmten der Verfahrenseinstellung bereits zu – auf die übrigen Reaktionen wartet die Staatsanwaltschaft noch. Das Hauptverfahren gegen die Händler und Zwischenhändler wird weitergeführt.


Juliane Ziegler