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Dabigatran-assoziierte Blutung
Mit Gerinnungstests den Wirkspiegel kontrollieren
Für die neuen oralen Antikoagulanzien wie Dabigatran (Pradaxa®) steht bisher kein spezifisches und schnell wirkendes Antidot zur Verfügung. Bei Notfällen kann die antikoagulierende Wirkung bisher nicht aufgehoben werden. Das BfArM hat nun Hinweise und Empfehlungen für die Therapie von Blutungen und das perioperative Management veröffentlicht.
Dabigatran ist ein stark wirksamer, kompetitiver, reversibler direkter Thrombin-Hemmer mit einer Halbwertszeit von 12 bis 14 Stunden. Da Dabigatran primär über die Nieren ausgeschieden wird, kann sich bei einer Störung der Nierenfunktion die Halbwertszeit verlängern. Die antikoagulierende Wirkung kann weder durch die Gabe von Vitamin K, Prothrombinkomplexfaktoren-Konzentraten (PPSB-Konzentraten) oder gefrorenem Frischplasma aufgehoben werden. Dabigatran-Hersteller Boehringer Ingelheim forsch intensiv an einer Möglichkeit, den gerinnungshemmenden Effekt von Dabigatran sicher und schnell aufzuheben. Auf dem Kongress der American Heart Association wurden die Daten einer präklinischen Studien mit einem humanisierten, monoklonalen Antikörperfragment vorgestellt, das eine sehr hohe Bindungsaffinität und Spezifität für Dabigatran besitzt. Es reduzierte dosisabhängig den Blutverlust, der im Experiment nach Dabigatran-Vorbehandlung herbeigeführt wurde. Die Wirkung hielt nach Injektion bis zu sechs Stunden an. Jetzt startet Boehringer eine Phase-I-Studie mit dem Antikörperfragment.
Bei einer Blutung unter Dabigatran sollte sie - in Abhängigkeit Schwere der Blutung - unter Kontrolle gebracht (lokale blutungsstillende Maßnahmen wie mechanische Kompressen oder oral Tranexamsäure) und die Zirkulation durch allgemeine Maßnahmen (Ersatz von Flüssigkeitsverlust, Transfusion von Blutprodukten) gestützt werden. Handelt es sich eine lebensbedrohliche Blutung, kann versucht werden, die gerinnungshemmende Wirkung aufzuheben, zum Beispiel durch die orale Gabe von Aktivkohle, wenn Dabigatran vor weniger als zwei Stunden genommen wurde.
Während der Behandlung mit Dabigatran sind in der Regel keine routinemäßigen Verlaufskontrollen der Wirkspiegel erforderlich. Bei Nierenfunktionsstörungen, vorhersehbaren Arzneimittelwechselwirkungen während einer Therapie mit P-Glykoproteinhemmern (Amiodaron,Verapamil, Chinidin, Ketoconazol, Clarithromycin) oder P-Glykoproteininduktoren (Rifampicin, johanniskrauthaltige Präparate, Carbamazepin, Phenytoin) oder im Falle einer Blutung können Verlaufskontrollen erforderlich werden.
Das BfArM weist darauf hin, dass es zwar Testsysteme gibt, mit denen die antikoagulatorische Wirkung von Dabigatran gemessen werden kann, die Praxistauglichkeit sei aber noch nicht hinreichend untersucht. Die Prothrombinzeit und INR-Wert sind relativ unempfindlich für Dabigatran und reagieren nur bei sehr hohen Konzentrationen mit einer Verminderung des INR-Werts etwa auf 2,0. Zudem unterscheiden sich die verfügbaren Testverfahren zur Messung des INR hinsichtlich der Empfindlichkeit der eingesetzten Reagenzien für Dabigatran. Daher sollte im Einzelfall mit dem lokalen Gerinnungslabor Rücksprache gehalten werden.
Um die Wirkung bzw. den Wirkspiegel von Dabigatran besser beurteilen zu können, stehen eine Reihe von Gerinnungstest zur Verfügung: aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT), Thrombinzeit, adaptierte Thrombinzeit (Hemoclot®-Test), Ecarin Clotting Time (ECT) oder Thrombinneutralisationstests. Da diese Tests alle ihre Vor- und Nachteile haben, rät das BfArM für die Interpretation der Ergebnisse und die Behandlung bedrohlicher Blutungen einen Hämostaseologen oder Hämatologen hinzuzuziehen.
Ausführliche Informationen zum Management Dabigatran-assoziierter Blutung, der Wirkspiegelkontrollen und zum perioperativen Management von Dabigatran bieten die "Hinweise zum Umgang mit Blutungen unter Dabigatran (Pradaxa®").
Quelle: Blutungen unter Pradaxa® (Dabigatran), Mitteilung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 12. November 2012.
12.11.2012, 15:28 Uhr