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Embryonen dürfen nicht zerstört werden
Kritisches Patent auf neurale Vorläuferzellen
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat heute über den Patentstreit zwischen Greenpeace und dem Wissenschaftler Prof. Dr. Brüstle entschieden. Der Bonner Neurologe ist Inhaber eines Patents, das neurale Vorläuferzellen und ihre Verwendung zur Therapie von neuralen Defekten betrifft. Der BGH befand: So wie das Patent jetzt gefasst ist, ist es nicht zulässig – eine einschränkende Fassung könnte es aber sein.
Das in erster Instanz zuständige Bundespatentgericht hat der Klage zunächst überwiegend stattgegeben und das Patent für nichtig erklärt, soweit es Zellen umfasst, die aus embryonalen Stammzellen von menschlichen Embryonen gewonnen werden. Es hat dieses Ergebnis auf § 2 Abs. 2 des deutschen Patentgesetzes (PatG) und die gleichlautende Regelung in Art. 6 der Richtlinie 98/44/EG über den Schutz biotechnologischer Erfindungen gestützt. Danach werden Patente unter anderem nicht erteilt für „die Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken“. Gegen diese Entscheidung hat der Patentinhaber Berufung eingelegt.
Der BGH hat nach einer ersten mündlichen Verhandlung eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Auslegung von Art. 6 der Richtlinie eingeholt. Der EuGH hat mit Urteil vom 18. Oktober 2011 zunächst festgestellt, dass jede menschliche Eizelle vom Stadium ihrer Befruchtung an ein „menschlicher Embryo“ im Sinne der Richtlinie ist. Weiter entschied er, dass sich der Patentierungsausschluss auch auf die Verwendung von menschlichen Embryonen zu Zwecken der wissenschaftlichen Forschung bezieht. Weiterhin sei eine Erfindung nach Art. 6 der Richtlinie auch dann von der Patentierung ausgeschlossen, wenn in der Beschreibung der beanspruchten technischen Lehre die Verwendung menschlicher Embryonen nicht erwähnt ist, die technische Lehre, die Gegenstand des Patentantrags ist, aber die vorhergehende Zerstörung menschlicher Embryonen oder deren Verwendung als Ausgangsmaterial erfordert.
Brüstle hat sein Patent auch nach dieser Entscheidung in vollem Umfang verteidigt. Hilfsweise hat er beantragt, das Patent in geringerem Umfang für nichtig zu erklären, als das Bundespatentgericht dies getan hat. Diesem Hilfsantrag hat der BGH nun stattgegeben und die weitergehende Berufung zurückgewiesen. Damit ist das Patent nichtig, soweit Vorläuferzellen aus menschlichen embryonalen Stammzellen umfasst sind, bei deren Gewinnung Embryonen zerstört worden sind. Der Patentschutz bleibt hingegen bestehen, soweit menschliche embryonale Stammzellen durch andere Methoden gewonnen werden.
Nach dem BGH-Urteil hat das Patent in der erteilten Fassung im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH keinen Bestand. Ansonsten, so die Karlsruher Richter, würde der mit § 2 PatG nicht vereinbare Eindruck vermittelt, die in der Beschreibung mehrfach erwähnte Gewinnung von menschlichen embryonalen Stammzellen aus Embryonen sei von der Patentierung mit umfasst und werde dadurch vom Staat gebilligt. Eine eingeschränkte Fassung wäre aus BGH-Sicht hingegen nicht von der Patentierung ausgeschlossen. Hierfür sei ausreichend, dass es Methoden gibt, mit der menschliche embryonale Stammzellen ohne Zerstörung von Embryonen gewonnen werden können. Der Patentinhaber könnte seinen Patentanspruch mithin mit einer allgemein gefassten Einschränkung versehen.
Karlsruhe - 27.11.2012, 17:44 Uhr