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Heilmittelwerberecht
Novo Nordisk darf mit Gewichtsvorteil werben
Arzneimittel dürfen nur dann mit wissenschaftlichen Studienergebnissen beworben werden, wenn diese nach den anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführt und ausgewertet wurden. Wer die Werbung auf Aussagen der Zulassung und der Fachinformation stützt, ist dagegen auf der sicheren Seite. Dies entschied heute der Bundesgerichtshof.
Beide Parteien vertreiben Arzneimittel zur Behandlung von Diabetes mellitus – mit unterschiedlichen Wirkstoffen (Insulinglargin/Sanofi und Insulindetemir/Novo Nordisk). Im Kern ging es um ein Faltblatt der Beklagten, in dem diese damit warb, ihr Präparat führe zu einer geringeren Gewichtszunahme als das von Sanofi vertriebene. Zum Beleg ihrer Werbeaussage berief sich Novo Nordisk teilweise auf eine Studie. Diese Studienergebnisse hielt Sanofi für wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert, weshalb die Werbung irreführend sei. Mit dieser Meinung behielt das Unternehmen recht.
Für seine Entscheidung unterschied der BGH allerdings zwischen Werbung mit konkretem Bezug zu einer Studie und Werbung ohne einen solchen Bezug: Für erstere kommt nach Auffassung der Richter durchaus eine Irreführung unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen den Grundsatz der „Zitatwahrheit“ in Betracht. Danach sind Studienergebnisse, die als Beleg einer gesundheitsbezogenen Aussage angeführt werden, grundsätzlich nur dann hinreichend aussagekräftig, wenn sie nach den anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführt und ausgewertet wurden, so die Richter.
Im Regelfall sei dafür eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit einer adäquaten statistischen Auswertung erforderlich, die durch die Veröffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen worden sei. Ob – wie vorliegend – auch nachträglich anhand vorliegender Studiendaten im Rahmen einer sogenannten Subgruppenanalyse oder im Wege der Zusammenfassung mehrerer wissenschaftlicher Untersuchungen (Metaanalyse) erstellte Studien eine solche Werbeaussage tragen könnten, hänge von den Umständen des Einzelfalls ab. Über diese Frage muss das Kammergericht daher erneut entscheiden – der BGH verwies die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück.
An der ohne konkreten Bezug zu einer Studie aufgestellten Behauptung einer geringeren Gewichtszunahme hatten die Richter dagegen nichts zu beanstanden. Schließlich lasse sich ein solcher Vorteil im Streitfall aus der arzneimittelrechtlichen Zulassung und der Fachinformation entnehmen. „Grundsätzlich kann sich […] ein Werbender zum wissenschaftlichen Nachweis der Richtigkeit seiner Werbebehauptung auf den Inhalt der Zulassung und der Fachinformation berufen“, heißt es hierzu in der Presseerklärung des BGH. Da Sanofi nicht beweisen könne, dass neuere, erst nach dem Zulassungszeitpunkt bekannt gewordene oder der Zulassungsbehörde bei der Zulassungsentscheidung sonst nicht zugängliche wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die die Aussage von Novo Nordisk widerlegen, war die Klage insoweit abzuweisen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 6. Februar 2013, Az. I ZR 62/11
Karlsruhe - 06.02.2013, 12:28 Uhr