Gedächtnis

Vergessen durch Lernen

18.02.2013, 10:00 Uhr


Ein ständiges Wechseln zwischen Lesen und Abrufübungen erschwert das Erinnern von bisher nicht geübten, aber ähnlichen Inhalten. Zu diesem Schluss kommen Forscher der Universität Regensburg in einer neuen Studie.

Auf welche Weise man sich einen Stoff am besten einprägt, versuchten Prof. Dr. Karl-Heinz Bäuml und Ina Dobler vom Institut für Psychologie der Universität Regensburg zu ermitteln.

Dazu untersuchten sie die dynamischen Effekte und Zusammenhänge zwischen wiederholtem Lesen und eigenständigen Abrufübungen. Zu diesem Zweck führten die beiden Psychologen zwei Versuche durch. Am ersten Experiment nahmen 84, am zweiten 48 Versuchspersonen teil. Die Probanden mussten sich in beiden Fällen mehrere Listen mit Begriffen aus verschiedenen Kategorien einprägen. Die beiden Experimente wurden von Bäuml und Dobler so gestaltet, dass die Probanden zuvor gelernte Begriffe entweder durch nochmaliges Lesen oder im Rahmen einer reinen Abrufübung wiederholten. In einer dritten Versuchsanordnung wurden die beiden Lernmethoden kombiniert, so dass sich Lesen und Abrufübungen mehrfach abwechselten. Am Ende der Experimente wurden schließlich alle anfangs gelernten Begriffe abgefragt, um den Einfluss der verschiedenen Übungsbedingungen auf die Erinnerungsleistung zu untersuchen.

Dabei führten die Abrufübungen im Vergleich zum reinen Lesen zu einem besonders nachhaltigen Erinnern der geübten Inhalte. Gleichzeitig erschwerte diese Übungsform aber das spätere Erinnern an ungeübte, aber verwandte Inhalte. Diesen Mechanismus bezeichnen die Forscher als „abrufinduziertes Vergessen“. Das sei ein normaler Mechanismus, der die effiziente Ausnutzung des Gedächtnisses ermöglicht: Wichtiges werde gestärkt und Unwichtiges unterdrückt.

In beiden Versuchsanordnungen konnten die Forscher beobachten, dass sich bei einem kombinierten Lernverhalten die Effekte wiederholten Lesens denen von reinen Abrufübungen angleichen und somit beide Übungsformen zu ähnlichen Gedächtniseffekten - wie beim abrufinduzierten Vergessen - führen. Die Untersuchungen von Bäuml und Dobler belegen damit erstmals dynamische Effekte zwischen reinen Abrufübungen und wiederholtem Lesen.

Literatur: Dobler, I. M., Bäuml, K.-H. T. Memory & Cognition 2013; Online: doi: 10.3758/s13421-012-0282-5.


Dr. Bettina Hellwig


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