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Neues optisches Verfahren
Nervenzellen bei der Arbeit zusehen
Wissenschaftler haben ein optisches Verfahren entwickelt, mit dem sie den Prozess der Informationsübertragung von Nervenzellen beobachten und untersuchen können.
Der Botenstoff Glutamat ist für die schnelle Informationsübertragung von einer Nervenzelle zur nächsten von großer Bedeutung. Der Neurotransmitter wird von den Nervenzellen in kleine Membran-Vesikel verpackt und nur bei Aktivität freigesetzt: Im Durchschnitt besitzt jede präsynaptische Nervenendigung etwa 200 solcher Vesikel, die nach der Fusion mit der Zellmembran jeweils wieder recycelt werden. Der Mechanismus der Vesikelfusion wurde bisher hauptsächlich an isolierten Nervenzellen untersucht, die auf Glasplatten kultiviert werden. Bei diesem Verfahren nutzen Synapsen nur etwa die Hälfte ihres Vesikelvorrats, die andere Hälfte liegt brach. Bislang war unklar, wie die Informationsübertragung an Synapsen überhaupt dauerhaft aufrechterhalten werden kann.
Forscher am Zentrum für Molekulare Neurobiologie in Hamburg haben ein neues optisches Verfahren entwickelt, um die Fusion von Vesikeln in intakten Gewebekulturen eines speziellen Hirnareals, des Hippocampus, zu untersuchen. Bei den Untersuchungen mit der Zwei-Photonen-Mikroskopie zeigte sich, dass im Laufe der ersten drei Lebenswochen der Gewebekultur immer mehr Vesikel genutzt werden. Außerdem beschleunigt sich der Recyclingprozess, sodass in ausgereiftem Hirngewebe jede Synapse mit extrem hoher Effizienz auf ihren gesamten Vorrat an dem Neurotransmitter Glutamat zugreifen kann.
Diese grundlagenwissenschaftlichen Erkenntnisse könnten in Zukunft für psycho- oder verhaltenstherapeutische Verfahren von Bedeutung sein. Die Studie zeigt, dass Synapsen lange Zeit brauchen, um die volle Leistungsfähigkeit zu erreichen. Der Hippocampus
ist für die Umwandlung von Kurz- in Langzeitgedächtnis von zentraler Bedeutung. Die Forscher vermuten, dass die Stabilität von Gedächtnisinhalten mit der Stabilität und Leistungsfähigkeit von Synapsen im Hippocampus zusammenhängt. Eines Tages könnte es zum Beispiel möglich sein, traumatische Erinnerungen durch eine gezielte Destabilisierung der beteiligten Synapsen zu löschen. Die Verhaltenstherapie bei posttraumatischen Belastungsstörungen beruht heute bereits auf einem ähnlichen Konzept.
Quelle: Rose T, et al. Neuron 2013; 77(6):1109–1121, Online: doi: 10.1016/j.neuron.2013.01.021.
05.04.2013, 11:12 Uhr