Pflanzensymbolik

Tuberose im Papstwappen

Rom - 05.04.2013, 12:36 Uhr


Die Blume im Wappen von Papst Franziskus ist eine Tuberose. Pressemitteilungen aus dem Vatikan, dass es sich um die Narde, eine traditionelle indische Arzneipflanze, handelt, sind falsch. Die Tuberose ersetzt in Lateinamerika die Lilie als Attribut des Heiligen Josef.

Die im Spanischen „flor del nardo“ genannte Tuberose wurde im Vatikan mit „fiore di nardo“ (ital.) „spikenard“ (engl.) und „Nardenähre“ übersetzt, worunter die Indische Narde (Nardostachys) zu verstehen ist. Das Rhizom der zu den Baldriangewächsen gehörenden Indischen Narde wird in der Ayurveda-Medizin mit ähnlichen Indikationen angewendet wie die Baldrianwurzel in der westlichen Phytotherapie. Aus ihm wird das kostbare, bereits in der Bibel erwähnte Nardenöl destilliert.

Trotz der fehlenden Ähnlichkeit zwischen der „flor del nardo“ im Papstwappen und dem Blütenstand der Indischen Narde haben fast alle Medien in der nicht-spanischsprachigen Welt die falsche Darstellung des Vatikans übernommen, auch die DAZ. Einige zweifelnde Journalisten hielten statt der Indischen Narde einen Lavendel für wahrscheinlicher, aber auch bei dieser Deutung kann man nur mit viel gutem Willen eine Übereinstimmung zwischen dem Original und der Abbildung erkennen.

Die Tuberose (Agave polianthes) hat mit der Narde außer der Tatsache, dass beide ein wohlriechendes Öl liefern, nichts gemein. Mit ihren weißen Blüten erinnert sie eher an eine Lilie. So kam es, dass sie in Spanien und Lateinamerika großenteils die Madonnenlilie (Lilium candidum), die Josef ebenso wie Maria als Symbol der Keuschheit trägt, ersetzt. Die Tuberose stammt wahrscheinlich aus Mexiko, jedoch gibt es kein natürliches Vorkommen mehr. Sie wurde schon früh als Zierpflanze angebaut und eroberte im 16. Jahrhundert die Tropen und Subtropen der gesamten Welt. In Europa hat sie der belgische Botaniker Charles de L’Écluse im Jahr 1601 unter dem Namen „Hyacinthus indicus, tuberosa radice“ erstmals beschrieben und abgebildet; der Name verweist auf die Ähnlichkeit mit der Hyazinthe und die knollige Wurzel („Blumenzwiebel“). Spätere Botaniker nannten sie „Hyacinthus indicus tuberosus“, und Linné führte 1753 den Namen Polianthes tuberosa ein; erst vor Kurzem wurde die Pflanze der Gattung Agave zugeordnet. Außer in Lateinamerika ist die Tuberose auf Hawaii besonders populär, wo sie ein Bestandteil der traditionellen Blütenkränze ist.

Die Tuberose im Papstwappen ähnelt auf den ersten Blick einer Weintraube, weil nur zwei Blüten aufgeblüht sind und die übrigen sich noch im Stadium der Knospe befinden. Dabei ist zu erkennen, dass der Blütenstand von unten nach oben aufblüht. In dem ährigen Blütenstand der Tuberose sitzen etwa 20 Blüten. Eine Blüte besitzt von Natur aus sechs Tepalen, doch gibt es heute viele Sorten mit gefüllten Blüten.