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Korruption in der Pharmaindustrie
Problem erkannt – Prävention kommt zu kurz
Die deutschen Pharmaunternehmen sind bei der Gestaltung ihrer Geschäftsbeziehungen zu niedergelassenen Ärzten sensibler für Korruptionsgefahren geworden: Beispielsweise sehen 70 Prozent inzwischen ein erhöhtes Risiko bei der Auftragsvergabe von Arzneimittelstudien, wie aus einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC und der Universität Halle-Wittenberg hervorgeht.
Als zunehmend kritisch gelten auch Beraterverträge mit Ärzten: 54 Prozent der Befragten sahen sie 2011 als problematisch an – 2013 bereits 75 Prozent. „Offenkundig haben prominente Verdachtsfälle, in denen niedergelassene Ärzte für mehr oder weniger verdeckte Zuwendungen bevorzugt bestimmte Medikamente verschrieben haben sollen, den Pharmaunternehmen die Risiken deutlich vor Augen geführt“, erklärt Michael Burkhart, Partner bei PwC und Leiter des Bereichs Gesundheitswesen und Pharma. Viele Unternehmen tun ihm zufolge aber nach wie vor zu wenig, um derartige Absprachen zu unterbinden.
Laut der Studie verfügte im Jahr 2011 nur jedes dritte Pharmaunternehmen (33 %) über ein Anti-Korruptionsprogramm – im branchenübergreifenden Durchschnitt waren es 59 Prozent. Dabei hielt die große Mehrheit der befragten Pharmaunternehmen (70 %) die eigenen Präventionsmaßnahmen zur Selbstkontrolle gleichwohl für „vollkommen ausreichend“. Im Jahr 2013 wünschen sich nun aber doch fast zwei Drittel der befragten Pharmaunternehmen (63 %) die Einführung einer gesetzlichen Regelung zur Strafbarkeit niedergelassener Ärzte – zum Schutz gegen „schwarze Schafe“.
Die Studieninitiatoren erachten darüber hinaus die Kommunikation eines Compliance-Programms nach außen als „unerlässlich“ zur Prävention von Korruption. Doch in der Pharmabranche seien die Vorbehalte gegenüber solchen Instrumenten stärker ausgeprägt als in anderen Branchen: Nur in jedem dritten Pharmaunternehmen (36 %) stehe den Mitarbeitern ein Compliance Officer bzw. eine Hotline für vertrauliche Fragen zum Thema Korruption zur Verfügung (branchenübergreifender Durchschnitt: 56 %) – für Pharmaunternehmen bestehe insoweit noch „erheblicher Nachholbedarf“.
Für die Studie wurden von Mitte Mai bis Mitte Juli 2011 deutschlandweit 830 Unternehmen telefonisch befragt, darunter 36 aus der Pharmabranche. Aufgrund der veränderten Rechtslage infolge der Ratiopharm-Entscheidung des BGH vom 22. Juni 2012 wurden Ende Februar 2013 erneut 50 Unternehmen der Pharmaindustrie zu ihrer Einschätzung der Korruptionsrisiken interviewt. Einbezogen wurden Unternehmen mit weltweit mehr als 500 Mitarbeitern – für die Pharmaindustrie wurden dagegen kleinere Unternehmen befragt.
Die Studie selbst finden Sie hier.
Berlin - 15.04.2013, 15:05 Uhr