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Frühe Nutzenbewertung
Fachgesellschaften wollen am Verfahren rütteln
Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), sieht keinen Anlass, am Verfahren der frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln nachzubessern. Fünf große medizinische Fachgesellschaften hatten Änderungsvorschläge unterbreitet. Doch die Argumente überzeugen Hecken nicht.
Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK), Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) und Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) sind sich einig: Gemeinsam sorgen sie sich um die Entwicklungen, die bei der Nutzenbewertung bestehender und neuer Medikamente erkennbar werden. Durch diese werde die Versorgung der Patienten entscheidend beeinflusst und die ärztliche Therapiefreiheit teilweise eingeschränkt, heißt es in einer Stellungnahme der Fachgesellschaften anlässlich der Überarbeitung der allgemeinen Methoden des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Dieses Stellungnahmeverfahren haben die Organisationen zum Anlass genommen, sich grundsätzlich zur frühen Nutzenbewertung zu äußern und Vorschläge zu unterbreiten, wie der Prozess aus ihrer Sicht verbessert werden könnte
Einen Ansatzpunkt sehen die Gesellschaften zunächst in der Festlegung der zweckmäßigen Vergleichstherapie: Die Vergleichssubstanz sei oft unpassend gewählt und widerspreche dem aktuellen Stand medizinischen Wissens, kritisieren sie. Daher sollte die Festlegung der Vergleichssubstanz „unter Einbeziehung der Fachgesellschaften und unter Beachtung gültiger Behandlungsleitlinien erfolgen“. Ähnliches gelte für die Fragestellung, die das IQWiG in den Mittelpunkt seiner Analysen stelle. Diese sei mitunter von vornherein so formuliert, dass kein plausibles Ergebnis herauskommen könne. Ein weiterer Kritikpunkt der Fachgesellschaften bezieht sich auf die Auswahl der Gutachter durch das IQWiG. Diese Auswahl sei häufig intransparent und widerspreche damit guter wissenschaftlicher Praxis. Nicht zuletzt bemängeln die Gesellschaften, dass die IQWiG-Entscheidungen teilweise heute geltenden Leitlinien-Empfehlungen widersprächen. Ihr Vorschlag: Weichen IQWiG-Einschätzungen vom aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand ab, müssee dies begründet werden. Nur so sei die Arbeit des IQWiG für praktizierende Ärzte, Patienten und Angehörige nachvollziehbar.
Zugleich betonen die Fachgesellschaften ihre Bereitschaft, das IQWiG jederzeit bei seiner Arbeit mit wissenschaftlicher Expertise zu unterstützen. „Wir bieten an, eine Kommission mit Mitgliedern zu gründen, die die Prozesse, Gespräche, Fragen, Klärungen und Diskussionen mit dem IQWiG frühzeitig und konstruktiv gestalten. Dies würde viele Probleme, Zeit, Diskussionen und aus unserer Sicht beklagenswerte und zum Teil nicht akzeptable Fehlentwicklungen vermeiden“, so die Organisationen.
Hecken hält nun dagegen: „Die im Verfahren gewählte zweckmäßige Vergleichstherapie berücksichtigt Leitlinien, die Evidenz dazu wird vollständig veröffentlicht und im Rahmen der Anhörung sehr umfassend diskutiert. Nach den bis dato 37 abgeschlossenen frühen Nutzenbewertungen ist mir kein Verfahren bekannt, bei dem die Stellungnahme der beteiligten Fachgesellschaften nicht bei der Entscheidung des G-BA angemessen berücksichtigt worden wäre. In einigen Fällen ist der G-BA mitunter bewusst von den Wertungsergebnissen des IQWiG abgewichen und ist damit seiner rechtlich vorgesehenen Rolle als Entscheidungsinstanz und Korrektiv im Bewertungsverfahren gerecht geworden.“
Die vorgebrachten Argumente könnten angesichts dieser Bewertungspraxis des IQWiG und des G-BA in keiner Weise überzeugen. Die Fachgesellschaften hätten mit den bestehenden Formen der Mitwirkung durch Anhörungen und schriftlichen Eingaben bereits weitreichende Möglichkeiten aktiv zu werden. „Dies ist im Sinne einer ausgewogenen Nutzenbewertung zielführender, als die Etablierung neuer überbordender Verfahrensschritte“, so Hecken.
Berlin - 24.05.2013, 15:22 Uhr