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BVDVA-Kongress
Froese: Ich muss den Patienten kennenlernen
Vor Wochen hatte sich bereits ABDA-Präsident Friedemann Schmidt mit Christian Buse, dem Chef des Bundesverbandes Deutscher Versandapotheken (BVDVA), getroffen. Zum „Klassenfeind“ wagte sich jetzt auch der Vorsitzende des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, Peter Froese, beim Berliner BVDVA-Kongress. Als „Zwischenruf“ im Programmablauf des ersten Tages war Froeses halbstündiger Auftritt angekündigt. Im Saal konnte man die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören.
Das Arzneimittel sei ein janusköpfiges Produkt, leitete Froese seinen Vortrag ein – mit positiven Wirkungen, aber eben auch mit riskanten Nebenwirkungen, kein Gut wie jedes andere also. Daher habe sich der Gesetzgeber für die Apotheke als Abgabeort entschieden und damit Konsumschranken eingezogen. Kernaufgabe des Apothekers sei die „optimale Arzneimitteltherapie“, so Froese. Das ließe sich nur mit einer patientenorientierten Beratung in die Praxis umsetzen. Heutzutage kämen „immer mehr Patienten mit immer mehr Problemen“ in seine Apotheke. Froese: „Wir müssen uns um diese multimorbiden Patienten persönlich kümmern.“
In seiner Apotheke habe er einmal Strichlisten geführt, nicht repräsentativ, aber immerhin ein Anhaltspunkt. Dabei habe sich herausgestellt, dass die meisten Patienten zwar richtig diagnostiziert seien und das passende Arzneimittel vom Arzt verordnet worden sei. Dann aber stelle sich die Aufgabe der Apotheker. „Wie viele Arzneimittel konsumiert ein Patient?“, „Nimmt er das Arzneimittel zum richtigen Zeitpunkt?“, „Nimmt er das Arzneimittel überhaupt?“. Der Anteil der positiven Anworten darauf habe dramatisch abgenommen. Froeses These und Plädoyer für die Vor-Ort-Apotheke: „Ich muss den Patienten kennenlernen, ohne geht es nicht.“
Froese, der selbst eine Versandhandelserlaubnis besitzt, weiter: „Alles Handeln spielt sich vor Ort ab.“ Diese Aufgaben könne eine Versandapotheke nicht erfüllen. Bei der Bestellung per Email „sehe ich den Menschen nicht vor mir“, das sei „eindimensionale Kommunikation“. Auch die Gewährung von Rx-Boni führe in die falsche Richtung: „Ich will den Patienten doch nicht dafür belohnen, dass er mehr Arzneimittel isst.“ Die Zustellung per Frachtdienstleister berge zudem Risiken, die der Botendienst einer Vor-Ort-Apotheke ausschließe. „Wo ist da der Mehrwert für die Patienten?“
Für Froese liegt die Zukunft der optimalen Arzneimittelversorgung nicht im Versandhandel, sondern in heilberuflichen Netzwerken: „Das ist der entscheidende Schlüssel.“ Dabei müssten heutige Grenzziehungen überschritten und zu einer „selbstverständlich gelebten Zusammenarbeit zwischen den heilberuflichen Professionen“ ausgebaut werden.
Berlin - 14.06.2013, 10:16 Uhr