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Pharmaziegeschichte
Unesco nimmt Lorscher Arzneibuch ins Weltdokumentenerbe auf
Die Unesco hat ein vorgeschichtliches Relikt und vier historische Dokumente der deutschen Geschichte neu in das Weltdokumentenerbe aufgenommen. Dazu zählt auch das Lorscher Arzneibuch, das vor etwa 1220 Jahren geschrieben wurde und für die mitteleuropäische Medizin- und Pharmaziegeschichte von unschätzbarem Wert ist.
Ältestes neues „Weltdokument“ ist die Himmelsscheibe von Nebra, eine 3600 Jahre alte, mit Goldblech versehene Bronzeplatte, die als astronomisches Instrument diente. Neue schriftliche „Weltdokumente“ sind das Lorscher Arzneibuch, die Goldene Bulle von 1356, die die Kaiserwahl regelte, das Kommunistische Manifest von Karl Marx und Friedrich Engels sowie Dokumente des Internationalen Suchdienstes in Bad Arolsen.
Das Benediktinerkloster Lorsch an der Bergstraße war zur Zeit Karls des Großen und der ihm nachfolgenden Karolinger eine der bedeutendsten Abteien im heutigen Deutschland. Dort hat ein namentlich unbekannter Mönch um 795 in lateinischer Sprache ein „Arzneibuch“ geschrieben, eine Sammlung von etwa 500 Rezepten mit einer einleitenden Betrachtung über die Rolle der Medizin im Christentum. Da der Verfasser viel Wissen aus der griechisch-römischen Antike übernahm, gilt sein Werk als musterhaftes Beispiel der karolingischen Renaissance. Sein Sinn für die Praxis zeigt sich darin, dass er die in antiken Rezepten genannten Drogen, die damals in Mitteleuropa nicht verfügbar oder für das Gros der Bevölkerung nicht bezahlbar waren, durch einheimische Drogen zu ersetzen suchte.
Das Kloster Lorsch war 1556 durch die Kurpfalz säkularisiert worden und verfiel in den folgenden Jahrhunderten allmählich. Seine Torhalle gilt als ältestes mittelalterliches Gebäude Deutschlands und wurde mit den anderen Überresten 1991 zum Weltkulturerbe ernannt. Die Bibliothek und das Archiv des Klosters waren nach der Säkularisierung zuerst nach Heidelberg gebracht worden, bevor sie in alle Welt zerstreut wurden. Das Lorscher Arzneibuch gelangte nach Bamberg, wo sein Wert durchaus bekannt war. Dennoch haben erst die Pharmazie- bzw. Medizinhistoriker Ulrich Stoll und Gundolf Keil im Jahr 1989 eine Faksimile-Ausgabe mit vollständiger Übersetzung und Kommentar bei der Wissenschaftlichen Verlagsgesellschaft Stuttgart herausgebracht.
Stuttgart - 20.06.2013, 16:15 Uhr