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Analyse zur Bundestagswahl
Merkel allein im bürgerlichen Haus
Die Republik wacht auf und reibt sich die Augen. Katerstimmung herrscht nicht nur bei der FDP. Wenige Bundestagswahlen haben die politische Landschaft so verändert wie diese. Angela Merkel und der Union ist der „geborene“ Koalitionspartner abhanden gekommen. Man kann haushoch gewinnen, ohne zu siegen. Das ist eine bittere Erfahrung. „Mutti“ ist jetzt allein im bürgerlichen Haus. Das wird Konsequenzen haben weit über die aktuelle Regierungsbildung hinaus.
Wie geht es jetzt weiter? Angela Merkel wird das tun, was sie auch in ihren Niederlagen immer getan hat. Die Physikerin nimmt die Fakten zur Kenntnis und handelt. Die Union muss und wird Koalitionsgespräche mit der SPD und den Grünen aufnehmen. Für ein Bündnis mit den Grünen liegen die Hürden höher. Da gibt es nicht nur größere inhaltliche Differenzen. Auch kulturelle Unterschiede stehen einer Schwarz-Grünen Koalition im Wege.
Gegen ein neues Bündnis mit der SPD sperrt sich vor allem der linke Flügel der SPD. Vor vier Jahren ging die SPD als klarer Verlierer vom Platz. Das könnte jetzt noch schlimmr kommen. Irgendwie liegt der Ball jetzt doch im Spielfeld der Sozialdemokratie. Die SPD muss über ihr Verhältnis zu Angela Merkel und zur Großen Koalition entscheiden. Davonlaufen kann sie nicht. Sigmar Gabriel muss den aufgeschobenen Strategiestreit zwischen Pragmatikern und Dogmatikern in der SPD jetzt klären. Das könnte schmerzhaft werden.
Die Konsequenzen aus der Wahl für die Gesundheitspolitik im Allgemeinen und die Apothekenpolitik im Besonderen liegen vorerst im Nebel. Die SPD hat sich eine Liberalisierung des Arzneimittelmarktes ins Parteiprogramm geschrieben. Niemand weiß, wie ernst man das nehmen muss. Ins Wahlprogramm der Union haben es irgendwie mobile/rollende Apotheken geschafft. Was die/der nächste Gesundheitsminister/in aus dem Apothekenbus macht, kann ebenso niemand vorhersagen. Es wird wohl noch Wochen dauern, bis die Ungewissheit weicht.
Und dann wären da noch wichtige Personalfragen: Wer zieht ins Gesundheitsministerium an der Berliner Friedrichstraße ein? In einer Großen Koalition ist die SPD auf das Arbeits- und Sozialministerium abonniert. Andrea Nahles werden starke Ambitionen nachgesagt. Dann würde das Gesundheitsressort an die Union fallen. Schattenmann Karl Lauterbach ginge leer aus.
Mit Wetten auf Jens Spahn als neuem Gesundheitsminister sollte man aber sehr vorsichtig sein. Annette Widmann-Mauz hat als Staatssekretärin Regierungserfahrung gesammelt. Vor allem aber: Wohin mit Ursula von der Leyen? Die ambitionierte Medizinerin galt schon vor vier Jahren als Anwärterin auf das Gesundheitsressort.
Und dann wäre da noch die CSU: Markus Söder drängt es nach Berlin, ebenso Christine Haderthauer. Kräftig eingemischt in die Gesundheitspolitik hat sich in den letzten vier Jahren immer wieder Johannes Singhammer. Der zurückhaltende Fraktionsvize ist der eigentliche Vater der neuen Notdienstpauschale. Er puschte CDU und FDP auf diesen Weg: „Deutschland braucht die Apothekerinnen und Apotheker. Sie sind für uns systemrelevant“, so Singhammer auf dem DAT 2010 – aus Apothekersicht vielleicht eine gute Wahl.
Am 22. Oktober muss der neugewählte Bundestag zum ersten Mal zusammentreten. Bis dahin bleibt Zeit, den Nebel zu lichten. Traditionell wird der neue Bundeskanzler in der zweiten Sitzung des neuen Parlaments auf Vorschlag des Bundespräsidenten gewählt. Angela Merkel ist die Favoritin – aber noch längst nicht am Ziel.
Berlin - 23.09.2013, 12:28 Uhr