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Neue Erkenntnisse
Schlafkrankheit und Schweinegrippe-Impfstoff
Im Jahre 2011 riet die EMA davon ab, den Schweinegrippe-Impfstoff Pandemrix® bei Menschen unter 20 Jahren anzuwenden. Grund war das erhöhte Risiko an Narkolepsie zu erkranken. Ein kausaler Zusammenhang wurde vermutet. Diesen Verdacht konnten Forscher jetzt offenbar bestätigen.
Patienten, die unter Narkolepsie leiden, schlafen plötzlich und ohne erkennbaren Grund ein. Die Krankheit tritt normalerweise bei einem von 100.000 Menschen pro Jahr auf. Im Frühjahr 2010 erkrankten in Europa und Skandinavien nach der Impfkampagne gegen das Influenza-A-Virus H1N1 („Schweinegrippe-Virus“) ungewöhnlich viele Kinder und Jugendliche an Narkolepsie. In Finnland und Schweden waren laut EMA drei bis sieben zusätzliche Fälle von 100.000 Pandemrix® -geimpften Menschen unter 20 Jahren registriert worden. Eine zentrale Rolle bei der Entstehung der Narkolepsie spielt das Protein Orexin (oder Hypokretin), ein Neuropeptid, das unter anderem den Schlaf-Wach-Rhythmus steuert. Bei Narkolepsie Patienten ist ein Orexin-Mangel nachweisbar. Man geht mittlerweile von einer Autoimmunerkrankung aus, die sich gegen die Orexin-produzierenden Neurone richtet. Führt man Narkolepsie-Patienten Orexin zu, ist eine T-Zell-basierte Immunreaktion nachweisbar, die bei Gesunden ausbleibt. Aufgrund des Verdachts auf einen Zusammenhang zwischen der Schweinegrippe-Impfung und dem Auftreten einer Narkolepsie verabreichten Forscher Narkolepsie-Patienten den Impfstoff Pandemrix® . Die gleiche Immunreaktion, die nach Orexin-Gabe beobachtet wurde, trat auf. Auch die Erklärung dafür konnten die Wissenschaftler liefern: Orexin und das Hämagglutinin des H1N1-Virus weisen ähnliche Epitope auf, die zu einer Kreuzreaktion führen können. In den Fällen, wo nach der Schweinegrippe-Impfung eine Narkolepsie auftrat, wurde also nicht nur eine Immunreaktion gegen die Antigene von H1N1 ausgelöst sondern auch gegen körpereigene Strukturen, die Orexin-produzierenden Neurone.
Warum die erhöhte Narkolepsie-Rate gerade unter dem in Europa eingesetzten Impfstoff Pandemrix® beobachtet wurde, nicht aber unter anderen – beispielswiese den in China eingesetzten – Impfstoffen, könnten sie anhand ihrer Daten allerdings nicht erklären, schreiben die Forscher. Hier könnte möglicherweise das in Pandemrix® verwendete Adjuvans eine Rolle gespielt haben.
De la Herrán-Arita et al. CD4+ T Cell Autoimmunity to Hypocretin/Orexin and Cross-Reactivity to a 2009 H1N1 Influenza A Epitope in Narcolepsy ; Sci. Transl. Med. DOI: 10.1126/scitranslmed.3007762
20.12.2013, 14:11 Uhr