Kassen fordern Klasse statt Masse

Ärzte kontern: „Genug billige Polemik“

Berlin - 27.02.2014, 14:31 Uhr


Bei Problemen der medizinischen Versorgung lenken die Kassen mit ihren Forderungen „schnell und laut“ von ihrer eigenen Untätigkeit ab, finden die Ärzte. Mit „ewig gestrigen Neidkampagnen“ seien die Probleme nicht zu lösen, warnt der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery. Die Kassen sollten endlich ihrer Verantwortung gerecht werden und ihren gesundheitspolitischen Beitrag leisten, fordert er – denn: „billige Polemik haben wir genug gehört“.

Die Krankenkassen seien verantwortlich dafür, dass das Gesundheitswesen mehr und mehr zu einer Gesundheitswirtschaft degeneriere, kritisiert Montgomery – durch „Überbetonung von Wettbewerb und Verbürokratisierung“. Die Attraktivität des Arztberufes sei dramatisch gesunken, gerade bei jungen Leuten, gerade auf dem Land. Die absolute Ärztezahl sage nichts über den Versorgungsmangel in Klinik und Praxis aus: „Mittlerweile müsste auch dem letzten Kassenfunktionär klargeworden sein, dass die tatsächlich zur Verfügung stehenden Arztstunden im Verhältnis zum gestiegenen Behandlungsbedarf entscheidend sind.“

Illusorisch sei es außerdem, anzunehmen, dass die nächste Ärztegeneration weiterhin unbegrenzt unbezahlte Überstunden leisten werde. Hier bedürfe es dringend gemeinsamer Anstrengungen, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. Die sich seit Jahren abzeichnende Abwanderung junger Medizinabsolventen in andere Berufsfelder ist aus Sicht des Ärztepräsidenten nur zu stoppen, wenn die Attraktivität des Arztberufes nachhaltig gesteigert werden kann. Anstelle „billiger Polemik“ fordert er von den Kassen, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und ihren gesundheitspolitischen Beitrag zu leisten für eine bessere Patientenversorgung sowie zur Steigerung der Attraktivität des Arztberufes.

Rückendeckung erhält Montgomery vom Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Köhler: „Der GKV-Spitzenverband hat nur Plattitüden und überwiegend falsche Behauptungen zu bieten.“ Die Kassenseite solle endlich einen konstruktiven Beitrag leisten. „Die Flatrate-Mentalität nach dem Kassenmotto ‚Viele Leistungen zum kleinsten Preis‘ muss endlich der Vergangenheit angehören.“ Er betonte, dass Versorgung ohne Ärzte und Psychotherapeuten nicht funktioniere. „Wenn die Krankenkassen es nicht als das wichtigste Ziel ansehen, ihren Versicherten die bestmögliche Versorgung zu bieten, dann gehören sie abgeschafft.“

Lesen Sie


Juliane Ziegler