Bundesarbeitsgericht

Nachtdienstuntauglichkeit kein Kündigungsgrund

Berlin - 14.04.2014, 15:35 Uhr


Kann ein Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen keine Nachtschichten mehr leisten, ist dies kein Kündigungsgrund. Das hat das Bundesarbeitsgericht vergangene Woche entschieden. Eine Krankenschwester hatte sich – mit Erfolg – gegen die Kündigung ihres Arbeitgebers gewehrt. Das BAG entschied, dass sie Anspruch auf Weiterbeschäftigung hat. Die Apothekengewerkschaft ADEXA verweist auf die arbeitsrechtliche Bedeutung für Apotheken: Arbeitgeber müssten ihre Dienstpläne entsprechend anpassen, um betroffene Mitarbeiter weiter zu beschäftigen.

Die Krankenschwester war seit 1983 im Schichtdienst in einem Vollversorgungs-Krankenhaus mit etwa 2.000 Mitarbeitern tätig – mit Nachtschichten von 21.45 Uhr bis 6.15 Uhr. Arbeitsvertraglich war sie im Rahmen begründeter betrieblicher Notwendigkeiten zur Leistung von Sonntags-, Feiertags-, Nacht-, Wechselschicht- und Schichtarbeit verpflichtet. Eine Betriebsvereinbarung sah zudem vor, dass eine gleichmäßige Planung unter anderem in Bezug auf die Schichtfolgen der Beschäftigten anzustreben ist.

Aus gesundheitlichen Gründen ist die Krankenschwester allerdings nicht mehr in der Lage, Nachtdienste zu leisten – weil sie medikamentös behandelt wird, wie es in einer Mitteilung des BAG heißt. Der Pflegedirektor schickte sie nach einer betriebsärztlichen Untersuchung am 12. Juni 2012 nach Hause, weil sie wegen ihrer Nachtdienstuntauglichkeit arbeitsunfähig krank sei. Die Klägerin bot gleichwohl ihre Arbeitsleistung ausdrücklich an – mit Ausnahme von Nachtdiensten – und klagte auf Beschäftigung und Zahlung der Vergütung.

Mir ihrer Klage war sie in allen drei Instanzen erfolgreich: Vergangene Woche entschied auch der 10. Senat des BAG, dass die Krankenschwester weder arbeitsunfähig krank sei – noch sei ihr die Arbeitsleistung unmöglich geworden. Sie könne alle vertraglich geschuldeten Tätigkeiten einer Krankenschwester ausführen. Das Krankenhaus müsse vielmehr bei der Schichteinteilung auf ihr gesundheitliches Defizit Rücksicht nehmen. Weil die Krankenschwester die Arbeit ordnungsgemäß angeboten habe, stehe ihr auch die Vergütung zu. Die Urteilsgründe liegen bislang nicht vor.

ADEXA-Rechtsanwältin Iris Borrmann verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass es auch in Apotheken Fälle gibt, in denen gesundheitliche Probleme zu Einschränkungen im Nachtdienst führen. Gerade Opfer von nächtlichen Überfällen sowie Approbierte oder PharmazieingenieurInnen, die an Schlafstörungen leiden, wenn sie Nachtdienst leisten müssen, seien keine Seltenheit. „Hier hat das Bundesarbeitsgericht indirekt auch den besonderen Belastungen der gern verharmlosten Nachtarbeit Rechnung getragen“, ergänzt ADEXAs Zweite Vorsitzende Tanja Kratt.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 9. April 2014, Az. 10 AZR 637/13


Juliane Ziegler


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