Lieferengpässe in Baden-Württemberg

Ministerium: Noch kam kein Patient zu Schaden

Berlin - 13.05.2014, 16:23 Uhr


Auch das Sozialministerium in Baden-Württemberg hat kein Patentrezept gegen Arzneimittellieferengpässe. Die SPD-Landtagsabgeordnete Rosa Grünstein hatte die Landesregierung in einer Kleinen Anfrage um einige Erläuterungen zum schon lange beklagten Medikamentenmangel gebeten. In seiner Antwort räumt das Ministerium Probleme ein, erklärt, welche Ursachen es dahinter vermutet und was bereits getan wird, um die Probleme in den Griff zu bekommen.

Wie das Ministerium ausführt, traten Lieferengpässe bisher sowohl bei Medikamenten von Originalherstellern (z. B. Krebsmedikamente oder Antibiotika) als auch bei Generika (z. B. Medikamente gegen Bluthochdruck oder Hormonpräparate) auf. Zu spüren bekämen sie bundesweit alle Krankenhäuser, die diese Arzneimittel einsetzen. Vom Landesverband Baden-Württemberg des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) sei eine Zahl von etwa 100 Lieferausfällen für das Jahr 2013 für eine typische Krankenhausapotheke berichtet worden. Darunter seien auch Arzneimittel, die im Jahr 2013 ganzjährig nicht lieferbar waren.

Insgesamt, so heißt es in der Antwort, sei die Arzneimittelversorgung in Deutschland – und Baden-Württemberg – aber gut, trotz aufgetretener Lieferengpässe. Die seit Ende April 2013 über die Homepage des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) öffentlich zugängliche Liste zu Lieferengpässen nenne 13 Arzneimittel, deren Verfügbarkeit derzeit am deutschen Markt nicht ausreichend sei (Stand April – mittlerweile ist ein 14. Arzneimittel dazugekommen, Anm. der Red.). Die Entwicklung werde von der Bundesregierung wie auch vonseiten des baden-württembergischen Sozialministeriums beobachtet. „Gegebenenfalls müssten auf Bundesebene entsprechende Korrekturmaßnahmen eingeleitet werden“, heißt es wenig konkret. In der Vergangenheit gab es wiederholt Forderungen, die bislang freiwilligen Engpass-Meldungen zur Pflicht zu machen. Doch so weit geht das Ministerium nicht.

Gefragt nach den Gründen für die Engpässe verweist das Ministerium unter anderem auf die mit der Globalisierung einhergehende Konzentration auf Herstellerseite: „Die kostengetriebene Konzentration auf wenige Produktionsstätten weltweit schafft eine Abhängigkeit bei Produktionsausfällen und Qualitätsproblemen in der Herstellung.“ Diese seien die primäre Ursache für die Ausfälle. Aber auch die Verlagerung der Produktion an kostengünstigere Standorte außerhalb Europas bedinge aufwendigere und zeitintensivere Prozesse der Qualitätsüberprüfung und der gesamten Logistik. Parallel versuche die pharmazeutische Industrie, die eigenen Lagerbestände zu verringern, um die gesamte Prozess- und Vertriebskette ökonomisch zu gestalten. Dieses „just-in-time“-Prinzip führe dazu, dass ein Arzneimittel bei einem akuten Mehrbedarf nicht mehr rechtzeitig in ausreichender Menge geliefert werden könne. Eine solche Situation könne vor allem auftreten, wenn ein Hersteller, der bei einem Rabattvertrag nicht zum Zuge kam, seine Produktionskapazitäten absenke. Weiterhin könne die Globalisierung der Arzneimittelvermarktung zu einer Verknappung beitragen. So seien die asiatischen Märkte, etwa China, zahlenmäßig sehr stark im Vergleich zu Deutschland. Eine wirtschaftliche Betrachtung der Verkaufserlöse falle so – selbst bei eventuell höheren Preisen in Deutschland – nicht immer zugunsten Deutschlands aus.

Begegnen können die baden-württembergischen Krankenhäuser den Lieferengpässen durch verschiedene Maßnahmen, so das Ministerium weiter. So versuchten Krankenhausapotheken, sich durch gezielte Lieferantenbewertungen und eine zielführende Vertragsgestaltung mit den pharmazeutischen Unternehmen eine bessere Ausgangsposition zu verschaffen. Auch eine Erhöhung der Lagerbestände lindere die Situation bei kurzfristigen Lieferschwierigkeiten. In vielen Fällen stünden auch Alternativpräparate zur Verfügung. Zudem sei der Import von Arzneimitteln aus dem Ausland möglich – allerdings handelt es sich um eine gesetzliche Regelung für den Einzelfall. Laut ADKA-Landesverband hätten Krankenhäuser in Baden-Württemberg im Jahr 2013 vier bis 19 Präparate importiert. Sei gar kein Alternativpräparat verfügbar, müsse von den behandelnden Ärzten zusammen mit den Klinikapothekern eine alternative Therapie gefunden werden, für die die notwendige Medikation verfügbar sei. Für eine rechtzeitige Umstellung sei eine frühzeitige Information über bevorstehende Lieferengpässe essenziell – und diese gebe die BfArM-Liste.

Immerhin sind dem Ministerium bisher keine Meldungen bekannt, dass Patientinnen oder Patienten aufgrund von Lieferengpässen zu Schaden gekommen wären. „Daher kann grundsätzlich von einer ausreichenden Behandlung der Patientinnen und Patienten ausgegangen werden.“ Der ADKA-Landesverband Baden-Württemberg berichte allerdings über notwendig gewordene Verschiebungen von Chemotherapien.


Kirsten Sucker-Sket


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