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Arzneimittelmarkt in Portugal
Flexibilität in der Krise
Soeben ist es Portugal gelungen, den Euro-Rettungsschirm zu verlassen. Um die Forderung der Troika nach einer kräftigen Reduktion der öffentlichen Gesundheitsausgaben zu erfüllen, hat die portugiesische Gesundheitspolitik – wie andere Regierungen unter dem Rettungsschirm – den Arzneimittelsektor ins Visier genommen. Wie die Marktbeteiligten mit den Einschnitten umgehen, beleuchtet ein aktueller Marktbericht von PharmaBoardroom.
Bereits im Jahr 2007 hatte der Staat die Preise gekappt. Bei Generika waren es abhängig vom Marktanteil bis zu 12 Prozent. 2008 wurden die Regeln zur Preisfestsetzung revidiert und die Arzneimittelpreise in der Folge immer weiter nach unten geschraubt. 2012 wurden schließlich auch die Handelsspannen der Großhändler und Apotheken nach unten tariert.
Die Pharmaindustrie insgesamt entschloss sich, einen adäquaten Obulus zu den notwendigen Einsparungen zu entrichten, und steuerte für 2011 und 2012 über ein Memorandum of Understanding (MoU) 600 Millionen Euro bei. Ein ähnliches MoU folgte für 2012 bis 2013.
Die einzelnen Unternehmen reagieren unterschiedlich auf die Krise. Während „Global Big Pharma“ seine Präsenz in Portugal reduziert, suchen viele mittelständische einheimische Unternehmen ihr Heil in der Einlizenzierung von Medikamenten aus multinationalen Unternehmen. Das portugiesische Pharmaunternehmen Tecnifar zum Beispiel erzielt rund 75 Prozent seines Umsatzes damit. Hier heißt es flexibel sein und sich nicht nur von einem Partner abhängig machen, meint der Chef von Tecnifar António Costa Chaves. „Wann immer sich eine Gelegenheit ergibt, um unser Einlizenzierungsgeschäft zu ergänzen, prüfen wir, ob für uns eine passende Marke dabei ist."
Dabei setzt seine Firma seit einigen Jahren nicht mehr allein auf das Geschäft mit rezeptpflichtigen Medikamenten. Das Unternehmen hat seine Fühler nicht nur in die Bereiche OTC, Nahrungsergänzungsmittel und Medizinprodukte ausgestreckt, sondern seit kurzem auch Kompetenzen auf dem Gebiet Medizintechnik erworben. Zudem hat es sich mit einem Biotech Startup zusammengetan, um Forschung und Entwicklung zu stärken.
Auch die Apotheken in Portugal haben mächtig zu kämpfen. Im Jahr 2008 belief sich der ambulante Markt für Arzneimittel noch auf 2,8 Milliarden Euro. Heute ist er um 812 Millionen Euro auf den Wert von 2002 abgestürzt (-29%). Dies hat in den Apotheken Spuren hinterlassen, berichtet Rui Carrington, Chef des örtlichen pharmazeutischen Distributors OCP Portugal. „Die Modell-Apotheke von früher, wo die Patienten direkt alles bekamen, was sie brauchten, gibt es nicht mehr. Es kann passieren, dass punktuell kurzfristige Versorgungsprobleme auftreten, weil die Finanzdecke bei den Akteuren in der Distribution zu dünn ist, um den Vertrieb durchgehend zu finanzieren. Wir müssen zumindest versuchen, die Handelsspannen zu erhalten und den fixen Anteil an der Honorierung so weit zu erhöhen, dass er die operationalen Distributionskosten im Wesentlichen deckt.“
Während sich Portugal hinsichtlich der öffentlichen Pro-Kopf-Ausgaben für Arzneimittel im ambulanten und stationären Sektor im Jahr 2011 mit ca. 260 Euro noch auf Augenhöhe mit Finnland bewegte, wurden 2013 nicht einmal mehr 200 Euro erreicht. Zum Vergleich: In Deutschland liegen diese Ausgaben bei fast 500 Euro.
Remagen - 14.05.2014, 17:00 Uhr