Original oder Manipulation?

Retax-Risiko bei handschriftlichem Rezept

Berlin - 03.06.2014, 15:57 Uhr


In der Apothekenpraxis lauern viele Stolpersteine. Hat der Arzt eine Angabe auf dem Rezept handschriftlich ergänzt oder im Nachhinein verändert, muss er die Echtheit der Angabe mit Unterschrift und Datumsangabe bestätigen. Ohne dies droht dem Apotheker nach der Abgabe eine Retaxierung der Kasse – schließlich könnten Angaben auch vom Patienten manipuliert sein. Der Spagat zwischen Kassenanforderungen und Kundenerwartung ist nicht immer leicht und führt häufig zu Unmut.

Der Fall: Eine Mutter erhält aus einer Hautklinik ein Kassenrezept über drei Tuben Wundsalbe für ihr Kind. Name, Anschrift und Kassenangaben sind aufgedruckt, das verordnete Arzneimittel sowie der dahinterstehende Mengenzusatz handschriftlich aufgebracht. Als die Kundin das Rezept in einer Apotheke vorlegt, will ihr der Apotheker nur eine Tube geben, berichtet sie – weil der Zusatz „3x“ auch von ihr hinzugefügt sein könnte. Ohne Bestätigung vom Arzt – mittels Unterschrift und Datumsangabe – könne die Apotheke das Rezept nicht mit der Kasse abrechnen. Daraufhin geht sie in eine andere Apotheke, in der sie ohne Nachfrage die aufgeschriebenen drei Tuben erhält. Die Kundin war dem Bericht zufolge vor allem verärgert darüber, dass sie von der ersten Apotheke des Betrugs verdächtigt wurde.

Carsten Wohlfeil, Geschäftsführer der Apothekenkammer Saarland, hat Verständnis für die Reaktion der Apotheke. Nicht nur, dass die Konstellation – gedruckte Kopfzeile, handschriftliche Verordnung – sehr selten sei. Darüber hinaus gebe es auch viele Fälle, bei denen Rezepte durch handschriftliche Zusätze von Patienten manipuliert werden, erklärt er in der Saarbrücker Zeitung. Vor allem bei Mengenangaben oder bei der Zuzahlungsbefreiung werde versucht, zu fälschen. Die Kassen rechneten diese Rezepte nicht ab und der Apotheker bleibe auf dem wirtschaftlichen Schaden sitzen. Aber nicht nur bei Kassen-, sondern auch bei Privatrezepten werde gefälscht, so Wohlfeil – mitunter das ganze Rezept, das sei schlichtweg Betrug. Der Kammergeschäftsführer verweist darauf, dass Apotheker Rezepte im Zweifelsfall nicht annehmen müssen, wenn sie befürchten, dass diese gefälscht sind.


Annette Lüdecke


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