BÄK-Behandlungsfehler-Statistik 2013

1864 ursächliche Behandlungsfehler

Berlin - 23.06.2014, 16:00 Uhr


Im Jahr 2013 haben Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärzteschaft in 2243 Fällen einen Behandlungsfehler anerkannt, wobei in 379 von ihnen der Fehler nicht ursächlich für den entstandenen Schaden war. „Überlange Arbeitszeiten und ständiger Leistungsdruck erhöhen natürlich die Fehlerwahrscheinlichkeit“, erklärt der Chef der Gutachtergremien, Dr. Andreas Crusius. Umso bemerkenswerter sei, dass die Zahl der festgestellten Fehler in den vergangenen Jahren konstant blieb, obwohl die Zahl der Behandlungsfälle deutlich stieg.

Einen Grund für die Behandlungsfehler sieht Crusius in der – aufgrund der demografischen Entwicklung – zunehmenden Arbeitsintensität bei weniger zur Verfügung stehenden Arztstunden. „Ich will nichts relativieren“, betonte er – „jeder Behandlungsfehler ist einer zu viel“. Aber: Gemessen an der Gesamtzahl der Behandlungsfälle liege die Zahl der festgestellten Fehler im Promillebereich. Weitere Ursachen sind seiner Meinung nach der medizinische Fortschritt, der die Anforderungen an die Arbeit und Zusammenarbeit der Beteiligten im Gesundheitswesen steigen lässt, und der zunehmende Kostendruck. Zudem verunsicherten Kampagnen wie die der AOK – bei der die Kasse „aus rein politischen Gründen“ Stimmung gegen Ärzte gemacht habe – Patienten nur, kritisierte Crusius. Stattdessen sollte Patienten in Krisensituationen zu ihrem Recht verholfen werden.

Wie aus der aktuellen Statistik der Ärzte hervorgeht, sank die Zahl der Anträge von Patienten von 12.232 im Jahr 2012 auf 12.173 im Jahr 2013. Die Zahl der festgestellten Fehler war rückläufig: In 2.243 Fällen wurde ein Behandlungsfehler bestätigt, im Vorjahr waren es 2.280. Die häufigsten Diagnosen, die zu Behandlungsfehlervorwürfen führten, waren wie in den Vorjahren Knie- und Hüftgelenkarthrosen sowie Unterschenkel- und Sprunggelenkfrakturen. Zahlenmäßig legten auch Operationen an den Füßen zu. Nachgewiesene Todesfälle aufgrund von Behandlungsfehlern gab es letztes Jahr 77, berichtete der Geschäftsführer der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammer, Johann Neu. Diese Zahl sinke von Jahr zu Jahr kontinuierlich. Zudem verwies er darauf, dass von den festgestellten Behandlungsfehlern 58 Prozent zu geringfügigen bzw. schnell vorübergehenden Schäden führten – 38 Prozent zu Dauerschäden.

„Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler“, kommentierte der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn, die Ärzte-Statistik. Entscheidend sei der richtige Umgang damit – nämlich ein transparenter. Angesichts von über 19 Millionen stationären Behandlungen pro Jahr sei die Zahl der Fehler allerdings „erfreulich gering“. Weniger positiv reagierte die Linksfraktion: „Die Behandlungsfehlerstatistik zeigt nur die Spitze des Eisbergs“, bemängelten Harald Weinberg und Kathrin Vogler. Fachleute schätzten die Anzahl aller Fälle auf eine Million und mehr. Zudem lasse das Patientenrechtegesetz der letzten Bundesregierung die Patienten „weitgehend im Regen stehen“. Die Fraktion fordert auch eine neue Fehlerkultur in der Ärzteschaft. Ärzte müssten in der Lage sein, Fehler auch offen zugeben zu können. „Sie dürfen von ihren Haftpflichtversicherungen nicht dazu gedrängt werden, möglichst alles abzustreiten und zu vertuschen.“

Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, vermutet bei ärztlichen Behandlungsfehlern ebenfalls eine große Dunkelziffer. Das Bundesgesundheitsministerium gehe von bis zu 170.000 Behandlungsfehlern im Jahr aus, erklärte er in einer Mitteilung. Doch diese Fälle tauchten in keiner Statistik auf. Deshalb fordert er ein nationales Behandlungsfehlerregister. Derlei Überlegungen gibt es auch bei der Ärzteschaft: Problematisch sei, dass die Gerichte – anders als der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK), die Ärzteschaft und die Versicherungen – keine Statistik führten, erklärte Crusius bei der Vorstellung der Ärzte-Statistik. Ein nationales Register wäre seiner Meinung nach durchaus sinnvoll, denn dann gäbe es eine Gesamtstatistik und nicht, wie bisher, nur Hochrechnungen. Das nächste Treffen zu diesen Plänen soll bereits im August anstehen – Probleme macht offenbar der Datenschutz.


Juliane Ziegler


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