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Positionspapier Thüringer Apotheker und Ärzte
Medikationsmanagement braucht keine Neuverblisterung
Die patientenindividuelle Zweit- bzw. Neuverblisterung scheidet die Geister. In der novellierten Apothekenbetriebsordnung wurde die Tätigkeit vom Verordnungsgeber erstmals definiert und damit anerkannt. Doch in der Apothekerschaft wird das Für und Wider dieser Dienstleistung kontrovers diskutiert. In Thüringen haben nun Apothekerverband- und -kammer mit der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen und der Landesärztekammer ein gemeinsames Positionspapier zum Thema veröffentlicht.
Auch in Thüringen hat die patientenindividuelle Zweit- bzw. Neuverblisterung – vor allem in der Heimversorgung – zugenommen. Die Ärzte und Apotheker des Bundeslandes haben sich daher genauer angeschaut, welche Auswirkungen diese Versorgungsform auf die Arzneimitteltherapie haben kann. Die Ergebnisse dieser Prüfung und ihre Bewertung sind in das Positionspapier eingeflossen.
Darin verweisen sie zunächst darauf, dass die Neuverblisterung die Therapiefreiheit des verordnenden Arztes einschränke. So werde etwa eine sofortige oder kurzfristige Umstellung der Arzneimitteltherapie erschwert. Diese sei aber beispielswiese wegen hinzukommender akuter Erkrankungen oder aufgrund sonstiger Komplikationen zuweilen notwendig. Sollte es dann nötig sein, den gesamten Blister zu verwerfen und neu herzustellen, entspräche dies nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot – und könne zu Regressforderungen und Prüfanträgen gegenüber dem Vertragsarzt führen.
Die Thüringer Ärzte und Apotheker befürchten ferner eine schlechtere Arzneimittelversorgung für Patienten. Denn durch die Neuverblisterung von Arzneimitteln entstehe die Tendenz, eigentlich besser geeignete Darreichungsformen – etwa Säfte oder Zäpfchen für Patienten mit Schluckbeschwerden – zu ersetzen, weil sie nicht neuverblistert werden können.
Auch eine Verbesserung der Arzneimittelsicherheit sehen die Heilberufler durch die Neuverblisterung nicht. „Insbesondere vor dem Hintergrund der Bemühungen um eine lückenlose Authentifizierung von Arzneimittelpackungen ist eher ein gegenläufiger Trend zu befürchten, da eine Übertragung der zukünftig vorgesehenen Sicherheitsmerkmale aller verwendeten Arzneimittel auf den neu erstellten Blister kaum realisierbar erscheint“, heißt es im Positionspapier. Durch eine Neuverblisterung habe der Patient auch keine Möglichkeit, einen Fehler über die Originalverpackung festzustellen – sie ist für ihn schließlich unbekannt. Außerdem mahnen Ärzte und Apotheker: Erfolgt die Neuverblisterung im industriellen Maßstab durch ein externes Blisterzentrum, entfällt auch die Sichtkontrolle der Originalpackung durch den anfordernden, heimversorgenden Apotheker vor Ort.
Genauso wenig sei zu erwarten, dass sich die Therapietreue durch die Neuverblisterung verbessert. Vielmehr sei zu befürchten, dass sich die Compliance verschlechtert, da die arzneimittelbezogene Kompetenz des Pflegepersonals, das die Arzneimittel verabreicht, abnehme, wenn das manuelle Stellen wegfällt. „Damit ist das Pflegepersonal kaum noch in der Lage, arzneimittelbezogene Fragen des Patienten zu beantworten und Einnahmevorbehalte zu entkräften“, heißt es im Papier.
Die Thüringer Heilberufe sehen die regelmäßige Kommunikation zwischen Ärzten und Apothekern als entscheidende Basis für die optimale Patientenversorgung. Vielversprechend sei daher die strukturierte Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker im Rahmen eines Medikationsmanagements. Dieses ist gerade bei älteren Patienten, die mehrere Arzneimittel einnehmen müssen, von Bedeutung – und aus Sicht der Heilberufler kann es problemlos ohne Neuverblisterung praktiziert werden. In enger Absprache zwischen Ärzten und betreuender Apotheke sei festzulegen, für welche Patienten eine individuelle Arzneimittelvorbereitung durch die Apotheke sinnvoll und möglich sein kann. Dabei sind therapeutische und pharmazeutische Aspekte sowie gegebenenfalls die Pflegebedürftigkeit des Patienten zu berücksichtigen. Gänzlich verschließen sich die Thüringer Ärzte und Apotheker neuen Möglichkeiten nicht. Aber: Neue Technologien müssten sich stets daran messen lassen, inwieweit sie im konkreten Fall die Arzneimittelversorgung tatsächlich verbessern. „Eine undifferenzierte, massenhafte industrielle Neuverblisterung von Arzneimitteln kann hingegen keine zusätzlichen Vorteile generieren.“
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Berlin - 06.08.2014, 12:30 Uhr