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Steuerprivilegierung auf dem Prüfstand
Noch schnell die Apotheke übertragen?
Die politische Diskussion, die steuerliche Verschonung des Betriebsvermögens für den Fall der lebzeitigen Apothekenübertragung bzw. den Erbfall ganz oder teilweise abzuschaffen, führt bei Apothekeninhabern zu Verunsicherung. In der Beratungspraxis sei in den vergangenen Monaten eine deutliche Zunahme der Apothekenübertragungen innerhalb der eigenen Familie zu verzeichnen, berichtet Steuerberater Martin Wolf. Er rät, eine Übertragung bis Ende September zu vollziehen, sollte diese in der nächsten Zeit sowieso angedacht sein.
Vielfach werde versucht, die Übertragung des Betriebsvermögens rechtzeitig und vor allem steuergünstig „in trockene Tücher“ zu bringen, so Wolf, der Partner bei der Fachkanzlei Dr. Schmidt und Partner mit mehreren Standorten in Deutschland ist. Diese Tendenz werde verstärkt durch die kritischen Äußerungen der Richter des Bundesverfassungsgerichts, die geltenden Regelungen öffneten „einen breiten Raum für eine Steuervermeidung bis hin zur völligen Steuerbefreiung“. Die Verfassungsrichter stellen sich die Frage, ob der Gesetzgeber bei der Erbschaftsteuer nicht eine Überprivilegierung von Unternehmenserben gegenüber anderen Steuerzahlern geschaffen hat.
Kernpunkt der aktuellen Debatte ist die seit 2009 geltende erbschaft- bzw. schenkungsteuerliche Verschonungsregelung für Betriebsvermögen. Sie ermöglicht es, Unternehmensvermögen deutlich begünstigt oder in vielen Fällen sogar gänzlich schenkungsteuerfrei an die nächste Generation weiterzugeben. Als einzige Voraussetzung müssen die Nachfolger das Unternehmen fünf bis sieben Jahre weiterführen und – bei Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten – in dieser Zeit die Lohnsumme aller Mitarbeiter konstant halten. Viele Kritiker ziehen daher den Gleichheitsgrundsatz des § 3 Grundgesetz heran und proklamieren eine Ungleichbehandlung von Unternehmenserben gegenüber Erben anderer Vermögensgegenstände.
Im Oktober 2013 griff der Bundesfinanzhof in einem Vorlagebeschluss das aktuell gültige Erbschaftsteuergesetz scharf an. Anfang Juli 2014 äußerte sich das Bundesverfassungsgericht ebenfalls kritisch dazu. Es bleibe daher zu befürchten, dass die Richter in Karlsruhe die Privilegien für Betriebsvermögen kippen werden, erklärt Wolf. Eine endgültige Entscheidung soll es bereits im Herbst geben. Das Gesetz dürfte wohl für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber gleichzeitig die Chance eingeräumt werden, eine verfassungskonforme Lösung zu erarbeiten, vermutet der Steuerberater. Jedenfalls bis zum Urteil im Herbst liege also noch ein gültiges Erbschaftsteuergesetz vor, um die Apotheke schenkungsteuerfrei in die nächste Generation zu übertragen.
Falls eine Übertragung also sowieso in der nächsten Zeit angedacht ist, sollte diese – in Anbetracht der möglicherweise nahenden rechtlichen Veränderung – bis Ende September 2014 vollzogen werden, rät Wolf – um auf der sicheren Seite zu sein. Gleichwohl mahnt er, jetzt nicht überstürzt zu handeln. Eine derart wichtige Entscheidung müsse wohl überlegt getroffen, zivilrechtliche Aspekte geprüft und die familiäre und finanzielle Gesamtsituation sinnvoll abgewägt werden – unter anderem im Hinblick auf die finanzielle Absicherung des Apothekenübergebers bzw. des Ehegatten. Fachkundige Hinweise für eine steueroptimale Lösung könne in jedem Fall ein Steuerberater bzw. gegebenenfalls ein Notars geben.
Mehr zur erbschafts- bzw. schenkungssteuerlichen Verschonungsregelung für Betriebsvermögen lesen Sie in der AZ 2014, Nr. 31/32, S. 6.
Berlin - 06.08.2014, 11:43 Uhr