Umfrage unter Medizinstudierenden

Lieber in die Stadt als aufs Land

Berlin - 01.09.2014, 15:55 Uhr


Den Großteil der angehenden Ärztinnen und Ärzte zieht es nicht aufs Land. Über 46 Prozent der Medizinstudenten wollen nach einer heute veröffentlichten Studie später „auf keinen Fall“ in Orten mit weniger als 2000 Einwohnern arbeiten. Was ihre künftige Tätigkeit selbst betrifft, so zeigen sich die Studierenden offener: Etwa die Hälfte erklärte, in der ambulanten Versorgung arbeiten zu wollen. Für rund drei Viertel ist es danach aber auch gut vorstellbar, später in einer Klinik tätig zu sein.

Bereits zum zweiten Mal hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) eine Umfrage unter angehenden Medizinern durchführen lassen. Für die aktuelle Studie befragte die Universität Trier mehr als 11.000 Studierende – fast zwei Drittel davon Frauen. Gefragt wurde nach den Erwartungen an ihren Beruf sowie nach fachlichen wie örtlichen Präferenzen.

Bei den Studierenden spielen danach die sogenannten „weichen“ Faktoren eine immer stärkere Rolle. So ist 95 Prozent wichtig, Familie und Beruf gut vereinbaren zu können. 84 Prozent wünschen sich geregelte, ungefähr ebenso viele flexible Arbeitszeiten. Was den künftigen Ort ihrer Arbeit betrifft, so zeigen sich die Befragten ebenfalls anpassungsbereit: 85 Prozent würden in ihrem Heimatbundesland bleiben, 78 Prozent können sich ihren Arbeitsplatz aber auch in der näheren Umgebung vorstellen, 64 Prozent in einem anderen Bundesland. Die gefragtesten Bundesländer sind dabei Hamburg (63 %), Baden-Württemberg (59 %), Bayern (57 %), Nordrhein-Westfalen (52 %) und Berlin (49 %). Für 49 Prozent der Befragten ist zudem das Ausland eine Option. Dass 46 Prozent angaben, nicht in Orten mit weniger als 2000 Einwohnern praktizieren zu wollen, ist gegenüber der letzten Befragung 2010 übrigens ein Fortschritt: Damals sagten noch 54 Prozent „Nein“ zu kleinen Dörfern.

Abgefragt wurde auch, wie die Zukunft für die Allgemeinmedizin aussehen mag. Dazu sollten die Studierenden angeben, welche Facharztausbildung für sie infrage kommen würde und welche nicht. Ganz oben steht die Innere Medizin. Sollte nur eine Präferenz angegeben werden, gaben 19 Prozent an, dies sei die Facharztausbildung ihrer Wahl. Auf Platz zwei und drei folgten die Kinder- und Jugendmedizin (11 %) und die Allgemeinmedizin (10 %). Für eine andere Frage sollten drei Facharzt-Favoriten angegeben werden – auch hier stand die Innere Medizin ganz oben (46 %), gefolgt von der Allgemeinmedizin mit 34,5 Prozent der Nennungen. Die Kinder- und Jugendheilkunde kam hier mit 26 Prozent auf Rang drei. Einige grundversorgende Facharztgruppen wie Urologie, Dermatologie und Augenheilkunde stehen bei den Studierenden hingegen weniger hoch im Kurs.

Was die von der Bevölkerung hochgeschätzte hausärztliche Tätigkeit angeht, ist die Einschätzung der Studierenden eher nüchtern: 83 Prozent verknüpfen sie mit einem geringen Verdienst, 82 Prozent mit Einzelgängertum, 80 Prozent meinen, als Hausarzt immer verfügbar sein zu müssen. 51 Prozent gaben an, sie finden diese Tätigkeit wenig interessant.

KBV-Vorstand Dipl.-Med. Regina Feldmann bereitet vor allem der Trend zur Urbanisierung unter den Studierenden Sorgen: „Das flache Land ist für die Studierenden von heute nicht interessant. Deshalb müssen wir die Attraktivität des Landarztes noch mehr stärken. Doch das kann keine Aufgabe der Ärzteschaft allein sein. Hier sind auch die Kommunen und die Politik gefragt.“ Christian Kraef von der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland, betonte: „Die Ergebnisse der Befragung zeigen klar, dass die Medizinstudierenden vielseitig interessiert sind. Sie sehen durchaus die ambulante und vor allem die hausärztliche Niederlassung als Option an.“ Ausschlaggebend seien letztlich allerdings die Rahmenbedingungen bei der Aus- und Weiterbildung sowie der Arbeit.


Kirsten Sucker-Sket