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Frankreichs Apotheker im Streik
Regierung will Fremd- und Mehrbesitzverbot aufheben
Fast 90 Prozent der französischen Apotheken blieben am Dienstag geschlossen. Zusammen mit anderen „geschützten Berufen“, vor allem Ärzten, Notaren und Gerichtsvollziehern, gingen die Apotheker auf die Straße, um gegen einen Gesetzentwurf des sozialistischen Wirtschaftsministers zu protestieren. Vom „Gesetz für Wachstum und Kaufkraft“, das die freien Berufe deregulieren soll, wären die Apotheker besonders betroffen.
Laut einem Papier des Wirtschaftsministeriums, das die geplanten Maßnahmen und ihre Auswirkungen evaluiert, gibt es in Frankreich 21.915 Apotheken (dazu kommen 627 in den französischen Übersee-Gebieten) – das sei eine pro 2900 Einwohner. Damit liege Frankreich weit über dem EU-Schnitt von einer Apotheke pro 4500 Einwohner, heißt es in dem Papier.
Weiter führt das Papier aus, dass durch eine Vereinfachung von Apotheken-Zusammenschlüssen die Produktivität gesteigert und durch Skaleneffekte die Wirtschaftlichkeit der Apotheken verbessert werden könne. Auch die Gründung von Internet-Apotheken soll erleichtert werden. So soll unter anderem nicht mehr wie bisher der Besitz einer Vor-Ort-Apotheke Voraussetzung für das Betreiben einer „online-Arzneimittel-Bestellplattform“ sein.
Außerdem sollen berufsfremde Investoren bis zu 50 Prozent einer Apotheke besitzen können. Zu diesem Zweck soll unter anderem die Rechtsform der Société d’exercice liberale (SEL), die es Freiberuflern erlaubt, eine Kapitalgesellschaft zu führen, für berufsfremde Anteilseigner geöffnet werden. Aktuell wird über ein Viertel der französischen Apotheken als SEL geführt.
Die größten Auswirkungen für die Verbraucher soll nach französischen Medienberichten aber die Aufhebung der Apothekenpflicht für OTC-Arzneimittel haben. Diese sollen nach dem Entwurf in Zukunft auch in Supermärkten und den sogenannten Para-Pharmacies vertrieben werden. Laut der Krankenversicherung Mutualité Française handelt es sich um einen Markt von 2,1 Milliarden Euro pro Jahr. Der französische Verband der Selbstmedikationshersteller spricht von 7,6 Prozent der verkauften Packungen in den Apotheken, die von der Regelung betroffen wären.
Das Wirtschaftsministerium hält eine Senkung der OTC-Preise um 20 Prozent für möglich. Dies ergäbe Einsparungen von rund 550 Millionen Euro für die Verbraucher, eine Preissenkung um zehn Prozent hätte Einsparungen von 270 Millionen Euro zur Folge. Der Umsatz der Apotheken ginge dadurch aber nur um zwei bzw. ein Prozent zurück, heißt es in dem Papier.
Trotz des Streiks will Wirtschaftsminister Macron an dem Gesetz und seinem Zeitplan festhalten. Es könne höchstens noch Änderungen bei der Öffnung der SEL geben, um bestimmte Berufsgruppen zu schützen, zitiert die französische Tageszeitung Le Figaro aus dem Umfeld des Ministers. Macrons Vorgänger Arnaud Montebourg hatte im Juli versprochen, mit dem Gesetz werde er sechs Millliarden Euro einsparen. Es soll noch im Oktober im Kabinett beraten werden.
Stuttgart - 02.10.2014, 11:59 Uhr