Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

19.10.2014, 08:00 Uhr


War eine ruhige Woche. Politisch gesehen und so im Allgemeinen. Auch das gibt es noch. Nur die eine oder andere Meinung zum Versorgungsstärkungsgesetz und zu Importen geisterte durch die Landschaft. Mit Nullretaxationen eiert die Politik immer noch herum. Außerdem soll’s bald einen Probelauf mit der Elektronischen Gesundheitskarte geben. Und wer weiß, bis zu welchem Betrag die Krankenkassen neue Arzneimittel bezahlen werden? Mein liebes Tagebuch, macht Pharmazie heute eigentlich Freude?

13. Oktober 2014

Das Versorgungsstärkungsgesetz bringt zwar einen festgezurrten Kassenrabatt und einen Anstoß für Kassen- und Apothekerverband, sich auf Regelungen zum Thema Nullretax zu einigen, aber zum Honorar der Apotheker steht absolut nichts drin. Nichts, nothing, rien, niente. Die ABDA ist sich noch nicht ganz sicher, ob und inwieweit ihr das Versorgungsstärkungsgesetz gefällt. Einige Punkte wie das Entlassrezept und der fixe Kassenzwangsrabatt von 1,77 Euro werden zwar begrüßt. ABDA-Präsident Schmidt meint allerdings auch: „So werden wir einfordern, versorgungssichernde Vergütungsregelungen auch für die Apotheken aufzunehmen, wie z. B. bei Rezepturen." Mein liebes Tagebuch, hach, das hört sich nicht gerade wie Empörung an. Ob es reicht, wenn wir da nach ein paar  „versorgungssichernden Vergütungsregelungen“ rufen? Bei Rezepturen muss sich endlich was tun, die Apotheken legen seit Jahren drauf! Genauso bei der Doku-Gebühr z. B. für BtM. Das sind weiß Gott keine übertriebenen Ansprüche. Und wie sieht es mit der Forderung nach einer jährlichen Überprüfung des Apothekerhonorars aus? Mein liebes Tagebuch, so ein bisschen hat man schon das Gefühl, dass die ABDA vor Freude über die zwei, drei Punkte, die vage im Entwurf stehen, die Honorarforderungen nur zaghaft verfolgt. Wir haben noch lange nicht Weihnachten!

14. Oktober 2014

Nullretaxation – die Politik will da nicht ran. Das Versorgungsstärkungsgesetz schiebt dieses Thema an die Selbstverwaltung weiter. Bei genauer Betrachtung könnte das Gesetz sogar eine Verschlimmerung bringen, wie Müller-Bohn in einem Kommentar feststellte. Denn mit dem Auftrag an Kassen und Apothekerverband, den zulässigen Umfang von Retaxationen vertraglich zu regeln, würde gesetzlich festgeschrieben, dass es Nullretaxationen unter bestimmten Umständen geben darf. Mein liebes Tagebuch, das ist doch alles irgendwie ein Herumeiern. Eigentlich wäre es ganz einfach: Nullretaxationen nur bei schuldhaften Verfehlungen wie bewusstem Betrug oder grober Fahrlässigkeit. In allen anderen strittigen Fällen, z. B. bei Formfehlern, hat der Apotheker zumindest einen gesetzlichen Anspruch auf den Herstellerabgabepreis. Punkt. Warum hat die Politik nicht den Mut, hier klare Spielregeln zu schaffen?

15. Oktober 2014

Im nächsten Jahr wird der Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung für die GKV-Versicherten weitgehend stabil bleiben. Der Gesetzgeber hat zwar eine Beitragssenkung um 0,9 Prozentpunkte von 15,5 auf 14,6 Prozent beschlossen, sie könnte aber durch die Zusatzbeiträge, die Kassen erheben dürfen, weitgehend aufgezehrt werden, so dass unterm Strich keine Entlastung herauskommt. Und was wird in den Folgejahren passieren? Da könnten einige Überraschungen auf die Versicherten zukommen. Immer teurere Arzneimittel, steigende Ausgaben für Krankenhäuser und Ärzte – mein liebes Tagebuch, irgendwann wird es wohl weniger Leistungen für die Versicherten geben müssen.

16. Oktober 2014

Man will’s gar nicht glauben: Es scheint Ernst zu werden mit der elektronischen Gesundheitskarte (eKG). Im kommenden Jahr soll in einem sechsmonatigen Probelauf die Einführung der Telematikinfrastruktur zur eKG getestet werden. Man will z. B. testen, ob es funktioniert, dass der Arzt seinen Heilberufeausweis und der Patient seine eKG in ein Lesegerät stecken, beide, Arzt und Patient, ihre PIN eingeben und dann der Arzt auf gespeicherte Patientendaten zugreifen kann. Wow! Das klingt ja nach Revolution, nach Science-Fiction, oder? Dass wir das in Deutschland noch erleben dürfen! Nein, mal Zynismus beiseite, mein liebes Tagebuch, irgendwie ist es schon ein Armutszeugnis, dass solche vom Ansatz her simplen Strukturen bisher nicht vorangekommen sind. Genauso wie die Tatsache, dass es bisher noch keine Telematikinfrastruktur, also so eine Art Intranet für alle Heilberufe gibt, über das sie sicher kommunizieren und Daten austauschen können.

Mein liebes Tagebuch, nicht nur wir Apothekers halten nicht allzu viel von den Re-Importen: Sie sind ein Einfallstor für Arzneifälschungen, sie nerven mit einer Importförderklausel und Patienten beschweren sich immer wieder, wenn sie seltsame und ungewohnte Packungen bekommen. Ja, Patienten mögen Importe auch nicht – mit Ausnahme der „Bürger Initiative Gesundheit e.V.“. Deren Vertreter Wolfram-Arnim Candidus scheint sich auf die Seite der Importeure geschlagen zu haben. Er sieht eine regelrechte „Kampagne“ gegen die Importeure laufen und betet die Argumente der Importeure pro Importe nach. Huch, was hat ihn denn da geritten? Ist Candidus und sein Patientenverein (dgvp) wirklich noch unabhängig? Ein Sendungsbeitrag des WDR lässt da massive Zweifel aufkommen. „Das Wohl der Patienten und Versicherten liegt uns am Herzen“, heißt es auf der Internetseite des Verbands. Na, mein liebes Tagebuch, irgendwie hat das ein G’schmäckle, wenn der Herr Candidus mit ähnlichen Worten wie die Importeure ein Loblied auf Importe singt.

17. Oktober 2014

Das SWR-Verbrauchermagazin „Marktcheck“ prangerte die Praxis von Pharmaunternehmen an, teure Präparate vom deutschen Markt zu nehmen, wenn ihnen der mit den Krankenkassen ausgehandelte Preis zu niedrig ist. Die Patienten müssten darunter leiden. „Marktcheck“ meint, der Gesetzgeber sei gefordert, damit Arzneimittel in Deutschland nicht zum Luxusgut würden. Anlass für den Beitrag war die Diskussion um die „700-Euro-Pille“ Sovaldi. Tja, mein liebes Tagebuch, da wird noch eine Riesendiskussion auf uns zukommen. Einerseits sind Unternehmen frei, Präparate auf den Markt zu bringen oder eben nicht, andererseits besteht da nicht auch eine gewisse ethische Verpflichtung? Mag schon sein. Aber letztlich ist alles viel komplizierter und vielschichtiger. Was es auch zu bedenken gilt: Den Pharmaunternehmen wird ein Korsett aus Nutzenbewertung, Festbeträgen, Herstellerrabatten und Rabattverträgen angelegt. Und: Was kann die gesetzliche Versicherung in Zukunft noch leisten? Was dürfen Innovationen in Zukunft kosten? Bis zu welchem Betrag kann die Krankenversicherung Arzneikosten übernehmen, damit unser System nicht in die Knie geht? Solche Fragen werden uns schon eher beschäftigen, als uns lieb ist. Fragen für so eine „ruhige“ Woche wie diese, oder?


Peter Ditzel


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