Großbritannien

Aufstockung und Einschnitte beim Krebsfonds

Ramgen - 16.01.2015, 08:32 Uhr


Ende August 2014 hatte der National England angekündigt, seinen Spezial-Fonds für Krebsarzneimittel (CDF) über zwei Jahre deutlich aufzustocken. Außerdem sollte der Expertenausschuss des CDF eine Reihe von Medikamenten, die zur Zeit auf der Liste stehen, neu bewerten und diejenigen mit dem geringsten klinischen Nutzen herausfiltern und gegebenenfalls aussortieren. Nun wurden die mit Spannung erwarteten Ergebnisse der Re-Evaluierung vorgelegt.

Die Liste wurde von einem nationalen Gremium von Onkologen, Apothekern und Patientenvertretern unter die Lupe genommen. In den Fällen, in denen ein Ausschluss wegen zu hoher Kosten der Medikation drohte, wurde den Herstellern die Möglichkeit gegeben, die Preise zu senken. Als Ergebnis der Überprüfung werden 59 der derzeit 84 gelisteten Indikationen (clinical uses) im CDF verbleiben. Dies schafft Spielraum für neue Medikationen, die erstmalig aufgenommen werden: Panitumumab gegen Darmkrebs, Ibrutinib zur Behandlung des Mantelzell-Lymphoms, einer Art von Nicht-Hodgkin-Lymphom und Ibrutinib für den Einsatz in der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL).

Im Gegenzug wurde die Liste durch Aushandlung von Preisnachnachlässen mit den Herstellen und Überprüfung des klinischen Nutzens der Präparate mit einem Gegenwert von rund 80 Millionen britischen Pfund „zur Ader gelassen“. Zu den nicht mehr gelisteten Präparaten gehören unter anderem Bayers Stivarga® (Regorafenib) zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit gastrointestinalen Stromtumoren, Eisais Halaven® (Eribulin) bei fortgeschrittenem Brustkrebs und Avastin® (Bevacizumab) von Roche für zwei onkologische Anwendungen.

Professor Peter Clark, Vorsitzender des CDF und praktizierender Onkologe, sagt: „Es gab Medikamente, die keinen ausreichenden klinischen Nutzen bieten. Andere mit einem gewissen Nutzen waren zu teuer und ich freue mich, dass eine Reihe von Pharmaunternehmen uns preislich entgegengekommen ist. Das sind schwierige Entscheidungen, aber wenn wir die Medikamente mit dem höchsten Wert nicht priorisieren, müssen wir vielen Menschen wirksamere Behandlungen, die in der Pipeline sind, vorenthalten.“

Die Ausschlüsse wurden von den betroffenen pharmazeutischen Unternehmen mit großem Bedauern aufgenommen. Der Direktor des britischen Verbandes der forschenden Pharmaunternehmen (ABPI) Stephen Whitehead kommentiert in einer Pressemeldung: „Die Entscheidung des NHS England, 16 Krebswirkstoffe mit insgesamt 25 separaten klinischen Anwendungen von der Liste zu nehmen, ist sehr enttäuschend. Sie haben sich nicht nur in klinischen Studien als wirksam erwiesen, sondern waren bisher auch für Tausende von NHS-Patienten von großem Nutzen. Wir freuen uns zwar darüber, dass bereits bestehende Behandlungen mit nicht mehr gelisteten Therapien fortgesetzt werden dürfen und dass einige neue Medikamente in den CDF aufgenommen werden. Von unserer langjährigen Überzeugung, dass der CDF und dieser Neubewertungsprozess grundlegend falsch sind, bringt uns das aber nicht ab. Der CDF beliebt ein Notnagel. Die Lösung für dieses Problem ist und bleibt die dringende Reform des NICE.“

Das Budget für den CDF wird für 2014/2015 auf 280 Millionen britische Pfund angehoben. Ab April 2015 soll es dann noch mal einen kräftigen Aufschlag auf schätzungsweise 340 Millionen geben. Dies entspricht einer Zunahme von 70 Prozent seit August 2014.


Dr. Helga Blasius