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Manipulierte Studien aus Indien
Bundesregierung: „Bislang seltener Einzelfall“
Die Bundesregierung hält die Vorfälle um die zahlreichen mangelhaften Zulassungsstudien durch das indische Unternehmen GVK Biosciences für „einen bislang seltenen Einzelfall“. Der Sachverhalt mache aber deutlich, erklärte BMG-Staatssekretärin Ingrid Fischbach, dass behördliche Inspektionen durch die EU-Staaten notwendig und wirksam seien – gleichwohl Sponsoren, Pharmaunternehmen und Auftragsforschungsunternehmen die Primärverantwortlichen seien.
Bei einer Inspektion durch die französische Arzneimittelbehörde ANSM wurde entdeckt, dass das indische Auftragsforschungsinstitut GVK Biosciences in mehreren Studien falsche Elektrokardiogramme verwendete, berichtet Fischbach. Derlei behördliche Inspektionen stellten aber nur ein flankierendes ordnungsrechtliches Instrument dar, betont sie. „Die können die primäre Verantwortung der Sponsoren, der pharmazeutischen Unternehmer und auch der Auftragsforschungsunternehmen zu einer ordnungsgemäßen Überwachung und Anleitung ihres Personals im Hinblick auf die Einhaltung der internationalen anerkannten GCP-Anforderungen und zu einer eigenverantwortlichen Auditierung ihrer jeweiligen Vertragspartner nicht ersetzen.“
Aktuell ruhen 53 Arzneimittel-Zulassungen
Die Grünen hatten auch gefragt, wann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) von den Vorfällen erfahren hatte. Von der Thematik habe die Behörde im Juni 2014 erfahren, schreibt die Staatssekretärin. Im Rahmen eines Anhörungsverfahrens habe das BfArM ab dem 10. November Zulassungen von insgesamt 28 pharmazeutischen Unternehmern überprüft und ab dem 8. Dezember bei zunächst 80 Arzneimitteln das Ruhen der Zulassungen angeordnet. Inzwischen sei das Ruhen einiger Zulassungen wieder aufgehoben worden. „Derzeit (Stand: 12. Januar 2015) ruhen noch die Zulassungen von 53 Arzneimitteln.“ Nur für „sehr wenige“ von ihnen hätten die Krankenkassen Rabattverträge geschlossen.
Keine Versorgungsengpässe erwartet
Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA prüft im Zusammenhang mit den Fälschungsvorwürfen gegen GVK derzeit rund 1.250 Arzneimittel. Dabei handelt es sich nach Angaben der Staatssekretärin ausschließlich um generische Präparate, deren Zulassung auf dem Nachweis der Bioäquivalenz beruht. Angesichts dessen, dass es für alle betroffenen Produkte wirkstoffgleiche (einschließlich der Originalpräparate) oder therapeutische Alternativen gebe, sei auch nicht davon auszugehen, so Fischbach, dass es in Deutschland zu Versorgungsengpässen komme. Auf die Frage, ob die bisher durchgeführten Kontrollen nach Meinung der Regierung ausreichten, verweist Fischbach darauf, dass ihre Anzahl in den Mitgliedstaaten stark variiere – das BfArM habe unabhängig vom aktuellen Fall aber bereits zusätzliches Personal für GCP-Inspektionen vorgesehen, um die Anzahl zu erhöhen.
Mögliche Strafen
Wenn bei Inspektionen in Deutschland Fälschungen aufgedeckt werden, welche Straftatbestände greifen dann, fragten die Grünen außerdem. Je nach Begehungsform und Ausführungsstadium kämen Betrugsdelikte (§§ 263 f. StGB) und Urkundsdelikte (§§ 267 ff. StGB) in Betracht, führt Fischbach aus. Zudem komme – bei der Beantragung einer arzneimittelrechtlichen Zulassung mit unkorrekten Unterlagen – eine Strafbarkeit nach § 96 Nr. 6 AMG in Betracht. Komme ein Mensch durch die Anwendung oder Einnahme des Arzneimittels zu Schaden, können auch Straftaten gegen das Leben und die körperliche Unversehrtheit (§§ 211 ff., 223 ff. StGB) einschlägig sein. Handlungsbedarf sieht die Regierung hier nicht, es gebe keine Strafbarkeitslücke, so Fischbach.
Antworten unbefriedigend für Grüne
Kordula Schulz-Asche (Grüne), die sich mit ihren Kollegen an die Regierung gewandt hatte, ist mit den Antworten nicht zufrieden. „Die Bundesregierung darf ihre Verantwortung zum Schutz von ProbandInnen und PatientInnen zur Kontrolle von Arzneimittelstudien nicht auf pharmazeutische Unternehmer abwälzen“, kritisiert sie. Zwar seien die Pharmahersteller verpflichtet, die Einhaltung der Vorschriften sicherzustellen – das scheine jedoch schlecht zu funktionieren. Die Fraktion fordert daher mehr nationale und internationale Kontrollen. Die Ankündigung der Staatssekretärin, das BfArM werde für mehr Personal sorgen, „glauben wir erst, wenn bei den Haushalts-Beratungen unbefristete Stellen beantragt werden“. Nachhaken wollen die Grünen außerdem, ob die aktuellen Verstöße tatsächlich zu Strafen führen werden.
Berlin - 23.01.2015, 11:54 Uhr