GKV-VSG

Bundesrat sorgt sich um Antibiotika-Nachschub

Berlin - 03.02.2015, 14:58 Uhr


Der Bundesrat sorgt sich um den Nachschub an hochwirksamen Antibiotika und bittet die Bundesregierung, mit einer Lockerung der Zulassungsregelungen den Weg für Innovationen frei zu machen. Die Bundesregierung solle prüfen, „ob der Zugang von neuen Arzneimitteln zum GKV-System für bestimmte Indikationen mit hohem medizinischem Bedarf oder zur Schließung therapeutischer Lücken erleichtert werden soll“, so der Gesundheitsausschuss der Länderkammer in seiner Empfehlung zum GKV-Versorgungsstärkungsgesetz.

Damit sollten Anreize für pharmazeutische Unternehmer zur weiteren Intensivierung von Forschung und Entwicklung in diesen Indikationen gesetzt werden, fordern die Länder. Aus verschiedenen Gründen gebe es heute für viele schwerwiegende Erkrankungen therapeutische Lücken. Diese stellten ein versorgungsrelevantes Problem dar, zum Beispiel im Bereich der Infektionserkrankungen und bei neurodegenerativen Erkrankungen. Zwar seien derzeit in Deutschland mehr als 80 Antibiotika zugelassen, aber infolge von Resistenzen werden diese bei einer zunehmenden Zahl von Patienten unwirksam. „Neue, gegen multiresistente Keime wirksame Antibiotika werden somit dringend benötigt.“

Diese neuen Antibiotika würden zumeist aber nicht breit eingesetzt, sondern dienten „als Arzneimittel der therapeutischen Reserve als Notfallmedikation“. Eine absehbar geringe Verordnungszahl müsse somit die Forschungs-, Entwicklungs-, Produktions- und Vertriebskosten kompensieren, „was einen entsprechend hohen Preis erfordert“.

Rigide Bewertungspraxis ändern

Die Ausgangslage bereite jedoch Probleme hinsichtlich der Anforderungen der Arzneimittelzulassung. Die bisherige „rigide Bewertungspraxis“ vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) und vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) lasse befürchten, dass neu entwickelte Antibiotika mit höchster Wahrscheinlichkeit scheiterten. Da die derzeit verfügbaren Antibiotika zumeist zu sehr niedrigen Preisen verfügbar seien, fehle es wegen des AMNOG-Verfahrens für forschende pharmazeutische Unternehmer langfristig an Anreizen zu gezielten Investitionen in Forschung und Entwicklung (F&E) in diese Wirkstoffgruppe. Die enormen Aufwendungen für F&E, Zulassung und Vertrieb eines solchen neuen Antibiotikums ließen sich absehbar in Deutschland nicht amortisieren.

Die Länderkammer schlägt daher vor, im Zuge des Pharma-Dialogs vor diesem Hintergrund konkret zu prüfen, „ob für Arzneimittel in bislang vernachlässigten Anwendungsgebieten eine Besserstellung im Rahmen der Nutzenbewertung angezeigt ist. Hierzu bietet sich zum Beispiel an, für solche Arzneimittel, die für Orphan-Drugs bestehenden Erleichterungen entsprechend anzuwenden. Der Zusatznutzen gelte hier mit der Zulassung als belegt. Der G-BA habe lediglich über das Ausmaß des Zusatznutzens zu beschließen. Diese Regelung sollte gegebenenfalls von ergänzenden Maßnahmen flankiert werden, etwa durch eine gezielte steuerliche Projektförderung des Bundes für die F&E in den jeweiligen Indikationsgebieten.“


Lothar Klein