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Antibiotika
„Stiefkind“ der medizinischen Forschung
Wenn die Forschung die zunehmende Antibiotikaresistenz nicht in den Griff bekommt, könnte das die Volkswirtschaften weltweit teuer zu stehen kommen. Dies befürchtet der international renommierte Ökonom Jim O'Neill, der das Problem erstmalig unter finanziellen Aspekten langfristig bewertet hat. Die Basis für seine Prognose ist eine Untersuchung im Auftrag des britischen Premierministers David Cameron.
Es handelt sich bereits um die zweite Abschätzung dieser Art. O'Neill hatte bereits in seinem ersten Bericht aus dem letzten Jahr die Alarmglocke geläutet. Die Antibiotikaresistenz könne jährlich zusätzlich zehn Millionen Menschen das Leben kosten und bis 2050 bis zu 100 Billionen US-Dollar verschlingen, wenn die globale Verbreitung von „Super-Bazillen“ nicht gestoppt werde.
Die Forscher halten die Krise allerdings für vermeidbar, und die Kosten könnten sich im Rahmen halten, wenn jetzt die richtigen Schritte eingeleitet würden. Der zweite O'Neill-Bericht, der jetzt veröffentlicht wurde, enthält deshalb einen ersten Katalog von fünf Empfehlungen. Die Idee, die die meiste Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, ist der Aufbau eines globalen Innovationsfonds in Höhe von zwei Milliarden Dollar, mit dem die Entwicklung dringend benötigter neuer Antibiotika beschleunigt werden soll. Andere Empfehlungen beziehen sich auf die erneute Prüfung neuer Dosen oder Kombinationen von bereits verfügbaren Medikamenten, die Ausbildung einer neuen Generation von Wissenschaftlern und ein verbessertes Monitoring der Ausbreitung von Resistenzen.
Wenig Anreize für Forschung
Der britische Verband der forschenden Pharmaunternehmen ABPI dämpft allerdings allzu hohe Erwartungen. Bis dato habe es für die Industrie nur wenig Anreize gegeben, in diesem Bereich in kostspielige Forschung und Entwicklung zu investieren, heißt es in einer Mitteilung. Neue Antibiotika auf den Markt zu bringen, sei ein riskantes Geschäft, und die Erstattung notorisch schlecht. Angesichts hoher Entwicklungskosten, breiter Verfügbarkeit billigerer Generika und der Tatsache, dass die verordnenden Ärzte neuere Medikamente wegen der zunehmenden Resistenzen als letzte Verteidigungslinie zurück halten müssen, sei es kein Wunder, dass in die Antibiotikaforschung von jeher eher weniger investiert worden sei.
O'Neill hat angekündigt, bis zum Sommer 2016 ein Paket mit konkreten Maßnahmen vorzuschlagen, das dann international abgestimmt werden sollte. Auch der Vorsitzende des Antibiotika-Netzwerks der ABPI, Mark Lloyd Davies, hält ein konzertiertes Vorgehen für notwendig, um sicherzustellen, dass die Antibiotika-Forschung nicht mehr als „Stiefkind“ der medizinischen Forschung wahrgenommen wird.
Remagen - 13.02.2015, 08:42 Uhr