Nutzenbewertung und Preisverhandlung

630 Millionen Euro Ersparnis in drei Jahren

Berlin - 20.02.2015, 12:37 Uhr


Die Gesetzliche Krankenversicherung hat durch die mit dem AMNOG eingeführten Regelungen zur Preisbildung und Erstattung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen in den letzten drei Jahren rund 630 Millionen Euro eingespart: rund 180 Millionen Euro in den Jahren 2012 und 2013 und voraussichtlich rund 450 Millionen Euro in 2014. Das geht aus einem Erfahrungsbericht der Bundesregierung hervor.

Die Länder begründeten ihre Bitte seinerzeit mit der Befürchtung, die Offenlegung von Rabatten auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers könne zu einer Preiserosion in anderen Ländern, die im Rahmen ihrer Preisbildung auf den offiziellen deutschen Arzneimittelpreis referenzieren, führen. Das könnte finanzielle Belastungen der Industrie im Ausland zur Folge haben und die Preisverhandlungen in Deutschland belasten. Außerdem fürchteten sie, Pharmaunternehmen könnten auf eine Ausbietung im deutschen Markt verzichten, um negative wirtschaftliche Auswirkungen auf das Auslandsgeschäft zu vermeiden, so dass Patienten bestimmte Therapieoptionen nicht zur Verfügung stünden.

Zwischenbilanz der Bundesregierung

Seit Inkrafttreten des AMNOG wurden bis zum 15. November 2014 insgesamt 108 erstattungsfähige Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen/-kombinationen erstmals in den deutschen Markt gebracht, bei denen die Voraussetzungen für eine Nutzenbewertung grundsätzlich erfüllt waren, berichtet die Regierung. Bis Mitte November bestanden für insgesamt 61 neue Wirkstoffe/-kombinationen Erstattungsbeträge – mehrheitlich (87% bzw. 53 Arzneimittel) aufgrund einvernehmlicher Vereinbarungen zwischen GKV-Spitzenverband und pharmazeutischem Unternehmer, in acht Fällen (13%) setzte die Schiedsstelle den Erstattungsbetrag fest. Nach Abschluss des Verfahrens entschlossen sich Unternehmen in sechs Fällen, ihr Arzneimittel nicht mehr auf dem deutschen Markt zu vertreiben.

In ihrer Bewertung weist die Bundesregierung dann daraufhin, dass es „eine unternehmerische Entscheidung“ sei, ob ein pharmazeutischer Unternehmer ein Arzneimittel in Deutschland anbiete. Sie hänge von vielen verschiedenen Faktoren auf „auf strategischer, operativer oder finanzieller Ebene“ ab: Dabei könne etwa ein unerwartet niedriger Marktanteil eines neuen Arzneimittels im ersten Jahr, der nicht den Erwartungen entsprochen hat und der auch unabhängig vom Preis den zukünftigen ökonomischen Erfolg des Produktes infrage stellt, ebenso eine Rolle spielen wie antizipierte Auswirkungen auf Erstattungsentscheidungen in anderen Staaten oder Entscheidungen der Zulassungsbehörde über Veränderungen des Anwendungsgebietes oder Warnhinweise aufgrund von Sicherheitserwägungen. „Ob und welche Faktoren in den konkreten Fällen tatsächlich handlungsleitend waren, ist der Bundesregierung nicht bekannt.“

Kein Versorgungsproblem, keine Rückschlüsse

Ein Problem bei der Versorgungssicherheit sieht die Regierung bislang nicht. Die „Opt-out“-Möglichkeit für pharmazeutische Unternehmen wurde nur in sechs Fällen genutzt (allesamt Arzneimittel ohne Zusatznutzen). Zudem wurden bislang nur Arzneimittel vom Markt genommen, für die der G-BA keinen Zusatznutzen festgestellt hat und für die Therapiealternativen zur Verfügung stehen. Allerdings will die Regierung die Versorgungssituation „weiterhin aufmerksam beobachten“. Rückschlüsse zur Auswirkung der Erstattungsbeträge bzw. ihrer Offenlegung auf die Preisbildung in anderen Ländern sind ihr mangels aussagekräftiger Daten nicht möglich. Stattdessen verweist sie auf den im September 2014 angelaufenen Pharmadialog, im Rahmen dessen über Nutzenbewertung und Preisbildung sowie die Auswirkungen auf die Versorgung diskutiert werden könne.


Juliane Ziegler


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