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Münster - Permanent im Netz und permanent vernetzt zu sein, gilt heute für viele als akzeptierte, gesellschaftliche Realität. Andere können damit nichts anfangen und setzen auf „konventionelle“ Beziehungen statt virtueller sozialer Netzwerke. Welche Dimensionen hat „always on“ heute? Und welche gesundheitlichen Folgen könnte es auslösen? Diese Fragen beleuchtete die Kommunikationswissenschaftlerin Dr. phil. Eva Baumann von der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld beim 8. Nordrhein-Westfälischen Kooperationstag „Sucht und Drogen“ 2015 am 29. April in Münster unter dem Thema „(Über-) LEBEN auf der Überholspur“.
Nach der JIM-Studie 2014, einer jährlich durchgeführten Basisstudie zum Umgang der 12- bis 19-Jährigen mit Medien, besitzen heute 88 Prozent dieser Altersgruppe ein eigenes Smartphone. Das ist eine Zunahme um 41 Prozent seit dem Jahr 2012. Am häufigsten wird es genutzt, um Musik zu hören (knapp 80 Prozent), im Internet zu surfen und anzurufen oder angerufen zu werden. An vierter Stelle folgt die Nutzung sozialer Netzwerke.
Viele Jugendliche erkennen „Zeitverschwendung“
Wie aus einer unveröffentlichten Studie der Universität Bonn hervor geht, geben drei Viertel der Jugendlichen zu, mit den vielen Apps und Communities „manchmal ganz schön viel Zeit zu verschwenden“. Knapp 60 Prozent sind „total genervt“, wenn sie zu viele Nachrichten bekommen, und ein Viertel hat Angst, etwas zu verpassen, wenn das Handy/Smartphone aus ist. Unter den Befragten der JIM-Studie, die den Messanger-Dienst WhatsApp täglich nutzen, tut rund ein Drittel dies 20 bis 49-mal am Tag und ein Viertel sogar mehr als 50-mal pro Tag.
Im Gegensatz zur „normalen“ Offline-Welt mit kleinen kollektiven Einheiten und starken Verbindungen ist die Online-Community jedoch laut Baumann ein individualisiertes Netz mit schwachen Verbindungen. Die Frage, ob das Leben im Netz süchtig nach virtueller Zuwendung macht und ob wir neue Strategien zum Umgang damit und zum Selbstschutz vor Informations-und Reizüberflutung brauchen, wollte sie nicht konkret beantworten.
Risiken extensiver Handy-Nutzung wie Stresssymptome, reduzierte Schlafqualität, Konflikte mit anderen Beschäftigungen in der „offline-Welt“, Kommunikationsstress und negative Effekte auf das Multitasking im Arbeitsalltag bis hin zu andauernden Anzeichen einer Verhaltenssucht (Internet-Abhängigkeit) sind bereits in der Literatur beschrieben.
Neue Art der Problemlösung
Außerdem verändere „always on“ die Art, wie die Nutzer Probleme lösen. Statt selbst zu wissen, wie etwas geht, strebe man danach zu wissen, wo steht, wie etwas geht. Die eigenen Fähigkeiten, Probleme zu lösen, Kreativität und Eigenständigkeit des Einzelnen könnten durchaus verkümmern, wenn er ständig auf Unterstützung durch die „crowd“ angewiesen ist, gestand Baumann ein.
Für sie kann „always on“ vor diesem Hintergrund zum „Lebenserleichterer“ und „Kuschelfaktor“ werden, ebenso wie zum „Stressfaktor“ und „Beziehungskiller“. Da es allerdings ein noch recht junges Phänomen ist, fehlen wissenschaftliche Untersuchungen zu den Folgen auf das Sozialverhalten und die Gesundheit. Dabei wären diese im Hinblick auf die zunehmende Verbreitung im Jugendlichenalter dringend erforderlich.
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