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Bonn - Die europäische Kinderarzneimittel-Verordnung, die im Jahr 2007 in Kraft getreten ist, hat zwar bei neu entwickelten Arzneimitteln Fortschritte erzielt. Für bekannte Wirkstoffe sieht es jedoch lange nicht so gut aus. Obwohl die Pharmaunternehmen für solche „PUMA“-Zulassungen (Paediatric Use Marketing Authorisation) weitergehende Schutzrechte bekommen, sind erst zwei solcher PUMAs erteilt worden. Bei einem Symposium des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) berieten heute 150 Fachleute aus Behörden, vom Gemeinsamen Bundesausschuss, der Industrie, der pädiatrischen Ärzteschaft und von Patientenorganisationen, woran das liegen könnte, und wie man der PUMA in Zukunft auf die Sprünge helfen kann.
Lutz Stroppe, Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit, beschrieb die Situation recht plastisch aus seiner familiären Praxis: „Da sind über fünfzehn bis zwanzig Jahre Arzneimittel durchgebrochen oder zerbröselt und in Fruchtsäfte eingerührt worden. Dabei blieb die Frage der Dosierungsgenauigkeit naturgemäß außen vor. Wir müssen die verfügbaren Arzneimittel daraufhin untersuchen, ob und in welcher Dosierung und Darreichungsform sie für eine Behandlung von Kindern und Jugendlichen geeignet sind, und so zu mehr Zulassungen kommen.“
PUMA gescheitert?
Der Vorsitzende der Kommission für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche am BfArM, Prof. Dr. Dr. Wolfgang Rascher, hält das PUMA-Konzept in der aktuellen Umsetzung für gescheitert. „Es wird immer eine off-label-Anwendung geben“, gibt sich Rascher überzeugt. „Wir sollten danach streben, dann auch validierte Dosen einzusetzen.“ Er hofft, aus den vorhanden Datenbestand diesbezüglich einiges ableiten zu können und hat vor, hieraus ein Dosishandbuch für Deutschland zu erstellen. Rein rechnerischen Dosistabellen für Kinder erteilte Rascher eine klare Absage: „Das darf es nicht mehr geben.“
Die Hürden für die pharmazeutische Industrie bei PUMA-Zulassungen beleuchteten Vertreter der Industrieverbände BAH, BPI und vfa. Aus ihrer Sicht scheitert das Instrument bislang nicht nur an seiner mangelnden „Rentabilität“, sondern auch an nicht ausreichenden Ressourcen. So fehle es an geeigneten Studienzentren und erfahrenen Prüfärzten mit der geforderten Expertise und last not least häufig auch an der notwendigen Anzahl an Patienten.
Mehr Aufklärung notwendig
Deshalb muss mit Blick auf die Bereitschaft von Eltern zur Teilnahme ihrer erkrankten Kinder an klinischen Studien mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden, so das gemeinsame Fazit. Darauf deuten auch die Ergebnisse einer Bevölkerungsumfrage hin, die der BPI unlängst durchgeführt hat. Danach weiß nur jeder Fünfte, dass Arzneimittel für Kinder und Neugeborene nicht für die Kinderheilkunde geprüft wurden. Vier von zehn Befragten (39 %) meinen, dass es bei Arzneimitteln keine Wirkungsunterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen gibt.
Als Ergebnis des Kinderarzneimittel-Symposiums will das BfArM geeignete Folgemaßnahmen definieren, um die Anzahl der PUMA-Zulassungen gezielt zu erhöhen. Dies kündigte BfArM-Präsident Prof. Dr. Karl Broich an.
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