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Remagen - Die meisten Menschen möchten selbst Zugriff auf die Ergebnisse ihrer Genomsequenzierung haben, wenn entsprechende Tests mit ihnen durchgeführt wurden. Dies geht aus der größten Umfrage hervor, die bisher zu dieser Thematik durchgeführt wurde. Die Ergebnisse präsentierte Dr. Anna Middleton, leitende wissenschaftliche Mitarbeiterin am Wellcome Trust Sanger Institute, bei der Jahrestagung der Europäischen Gesellschaft für Humangenetik in Glasgow. Genetic Engineering & Biotechnology News hat den Vortrag und die Bewertung der Forscher aufgegriffen.
Die Befragung wurde durchgeführt, um herauszubekommen, an welcher Art von Informationen die verschiedenen von der Sequenzierungsforschung betroffenen Gruppen Interesse hätten. Hierzu gehören Patienten, die Öffentlichkeit, Angehörige der Gesundheitsberufe und Genom-Forscher. Knapp 7.000 Menschen aus 75 Ländern beteiligten sich an einer Online-Umfrage, die in sozialen und traditionellen Medien sowie über eine E-Mail-Liste beworben wurde.
Sie ist im Kontext des britischen Projekts zur Entschlüsselung von Entwicklungsstörungen (Deciphering Developmental Disorders, DDD) zu sehen. Hierzu wurden Ärzte in 24 Genetik-Service-Labors in ganz Großbritannien und Irland, mit Wissenschaftlern des Wellcome Trust Sanger Institute, einem weltweit führenden britischen Genomforschungsinstitut in der Nähe von Cambridge, zusammengebracht (Näheres: www.ddduk.org).
Dr. Anna Middleton, die in dem Projekt mitarbeitet, beschreibt die Umfrage: „Wir haben die Teilnehmer gebeten, sich vorzustellen, dass sie an einer Sequenzierungsuntersuchung teilnehmen, mit der Möglichkeit, persönliche Ergebnisse zu erhalten. Welche Arten von Ergebnissen das sein könnten, wurde in zehn kurzen Filmen erklärt.“
Selbst wenig wahrscheinliche Krankheitsrisiken interessieren
Im Ergebnis wollten 98 Prozent der Teilnehmer über die Gene Bescheid wissen, die mit behandelbaren schweren oder lebensbedrohlichen Krankheiten in Zusammenhang stehen. Sie wollen dies selbst dann wissen, wenn die Chance, dass sie eine solche Krankheit tatsächlich bekommen, bei nur einem Prozent liegt. Wichtig erschien ihnen, dass sie damit gewarnt sind und so Schritte unternehmen können, um ihre Gesundheit zu schützen. „Das ergibt zwar einen Sinn,“ findet Middleton, „aber 59 Prozent der Befragten wären auch daran interessiert, Zugang zu ihren eigenen Rohdaten zu erhalten. Sie meinten, dass ihnen diese Informationen gehörten und dass sie sie deswegen sehen wollten, auch wenn sie tatsächlich gar nichts damit anfangen können.“
Außerdem hätten die Teilnehmer der Befragung angegeben, dass sie weiter in den Forschungsprozess eingebunden bleiben wollten. So könnten die Genom-Forscher ihre Daten immer wieder neu analysieren und ihnen melden, wenn es neue Erkenntnisse gibt. Dabei stellt sich für Middleton allerdings die Frage, was den Menschen solche personalisierten Informationen wert sind, das heißt, wie viel sie gegebenenfalls für eine Interpretation der Befunde bezahlen würden. Schließlich könnten die Forscher diese zusätzliche Arbeit nicht quasi nebenbei erledigen.
Auswirkungen der Informationen auf die Psyche?
Außerdem müsste mehr über die psychosozialen Auswirkungen der Informationen geforscht werden und ob die Kenntnis der Daten vielleicht eine emotionale Resonanz bei den Menschen auslöst, die sie nicht erwartet haben. Schließlich hätten die Wissenschaftler eine Verantwortung, den Forschungsteilnehmern nicht zu schaden. Wenn sie Ergebnisse liefern wollten, dann müsse dies ethisch vertretbar sein. Auf jeden Fall müssten Genom-Befunde vor Überlassung an die Patienten auf klinische Relevanz überprüft und dem Patienten adäquat erläutert werden. Besonders für Rohdaten bräuchten sie unbedingt weitere Hilfestellung zu deren Interpretation. Sonst könne es sein, dass die Betroffenen damit bei ihrem Hausarzt vorstellig werden und fragen, was diese zu bedeuten hätten.
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