SERIE: DIE GANZE WAHRHEIT ÜBER RETAXATIONEN

Anzahl und monetärer Verlust

Stuttgart - 30.10.2015, 13:24 Uhr

Nachgefragt: Fast jede dritte Retaxation ist eine auf Null (Bild: katarinagondova / Fotolia)

Nachgefragt: Fast jede dritte Retaxation ist eine auf Null (Bild: katarinagondova / Fotolia)


„Wegelagerei“, „Zechprellerei“, „Irrsinn“. Diese Begriffe nutzen hochrangige Standesvertreter, wenn es um die Retaxationen der Krankenkassen geht. Erstaunlicherweise gibt es aber kaum belastbare Zahlen zum Ausmaß dieses Problems. Nun bringt eine Studie Licht ins Dunkel.

Im Auftrag des genossenschaftlichen Pharmagroßhändlers Noweda wurden Anfang Juli an rund 3500 Apotheken Fragebögen zum Themenkomplex Retaxationen verteilt. Immerhin fast 400 Apotheken schickten diese ausgefüllt zurück. Diese Apotheken entsprechen nach Umsatzgröße, Mitarbeiterzahl und Betriebsstruktur dem Durchschnitt der deutschen Apotheken, wie Professor Andreas Kaapke, der die Studie durchführte, betont.

(Anzahl der jährlichen Retaxationen pro Apotheke - Frage: Wie viele Retaxationen erhält Ihre Apotheke etwa pro Jahr? n = 369)

Im Durchschnitt bekommt jede Apotheke im Jahr 96 Retaxationen. Dabei bekommt gut die Hälfte der befragten Apotheken weniger als 50 Retaxen. Immerhin 42 Prozent erhalten dagegen 51 bis 200 Retaxen im Jahr. Jährlich über 500 Retaxationen bekommen 1,4 Prozent der Apotheken. Im Durchschnitt beliefern die befragten Apotheken rund 26.000 Rezepte pro Jahr.

Besonders ärgerlich für Apotheken sind Vollabsetzungen („Retaxation auf Null“), da nicht nur eventuell zu viel abgerechnete Beträge zurückgefordert werden, sondern auch der Wareneinsatz des Apothekers nicht bezahlt wird.

(Anteil der Retaxationen auf Null - Frage: Bei welchem Anteil dieser Retaxationen handelt es sich um Retaxationen auf Null? n = 367)

Fast jede dritte Retaxation der Krankenkassen ist eine auf Null, sagen die befragten Apotheker. Hier gibt es jedoch große Unterschiede von Apotheke zu Apotheke. Während 52 Prozent sagen, dass maximal 20 Prozent der Retaxationen Vollabsetzungen sind, wird bei immerhin 15 Prozent der Apotheken  in über 60 Prozent der Fälle der gesamte Betrag abgezogen, bei 6,5 Prozent sogar in über 80 Prozent der Fälle.

(Jährlicher finanzieller Schaden pro Apotheke durch Retaxationen - Frage: Wie hoch ist etwa der monetäre Verlust, der Ihrer Apotheke pro Jahr durch Retaxationen entsteht? n = 337)

Die Zahl der Retaxationen alleine gibt zwar einen Hinweis auf das Ausmaß des Problems, sagt aber noch nichts über die wirtschaftlichen Auswirkungen. Immerhin 13 Prozent der Apotheken haben jährliche Belastungen von über 5000 Euro durch Retaxationen. Fast ein Viertel der Apotheken schafft es aber, dass ihre Verluste durch Reetaxationen die 500-Euro-Grenze nicht übersteigen. Die durchschnittliche jährliche Belastung einer Apotheke durch Reatxationen liegt der Umfrage nach bei 3140 Euro.

Methodische Hinweise

  • Um die Daten möglichst genau zu erheben und einer erwarteten relativ großen Streuung der anzugebenden Werte gerecht zu werden, wurde der Großteil der Fragen der Studie offen formuliert. Es wurde etwa eine zahlenmäßige Schätzung verlangt, ohne dass bereits bestimmte Kategorien vorgegeben waren.
  • Durch diese Vorgehensweise ergaben sich bei vielen Fragen einige Ausreißer, extrem abweichende Werte wurden, um eine zu starke Beeinflussung der Auswertung zu vermeiden, ausgeschlossen. Hierauf wurde bei der jeweiligen Ergebnisdarstellung hingewiesen.  

Dr. Benjamin Wessinger (wes), Apotheker / Herausgeber / Geschäftsführer
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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