Bundessozialgericht

Wirtschaftlichkeitsgebot schlägt Apothekenwahlrecht

Berlin - 25.11.2015, 13:55 Uhr

Das Bundessozialgericht ist knallhart: Kein Geld für Zyto-Apotheker ohne Exklusivvertrag. (Foto: Jörg Lantelme/Fotolia)

Das Bundessozialgericht ist knallhart: Kein Geld für Zyto-Apotheker ohne Exklusivvertrag. (Foto: Jörg Lantelme/Fotolia)


Ein herber Rückschlag für die Apotheken: Das Bundessozialgericht hat soeben entschieden, dass die AOK Hessen zu Recht einen Apotheker retaxiert hat, der AOK-versicherte Krebspatienten mit Zytostatika versorgt hat, obwohl er keinen Selektivvertrag mit der Kasse besaß.

70.502,35 Euro fordert die AOK Hessen von einem Apotheker zurück. Grund: Er versorgte bei der AOK Hessen versicherte Krebspatienten mit anwendungsfertigen Zytostatikazuberei­tungen – so wie er es schon viele Jahre ohne Schwierigkeiten auf Grundlage des § 11 Abs. 2 Apotheken­gesetz getan hatte.

Doch dann kam die Zyto-Ausschreibung der AOK Hessen – am Ende waren es nur zwölf Apotheken, die einen Vertrag mit der Kasse besaßen und damit die Versorgung exklusiv übernehmen durften. Nicht aber der klagende Apotheker. Trotzdem versorgte er die Patienten der Arztpraxis in seinem Haus weiter. Dazu berief er sich auf das Apothekenwahlrecht der Versicherten. Diese hatten immerhin schriftlich erklärt, von ihrer Wahlapotheke versorgt werden zu wollen.

Vorinstanz pro Patientenwahlrecht

Doch die Kasse wollte seine Lieferungen nicht bezahlen. Zu Unrecht, wie noch das Sozialgericht Darmstadt in erster Instanz befand und die AOK zur Zahlung verurteilte. Es stellte das freie Apothekenwahlrecht in den Vordergrund. Doch der Sachverhalt, der auch andere Sozialgerichte in Hessen in ähnlicher Form beschäftigte, erforderte eine höchstrichterliche Klärung. Um diese zu beschleunigen, ließ das Sozialgericht Darmstadt die Sprungrevision zum Bundessozialgericht zu – und dort musste der betroffene Apotheker heute eine herbe Niederlage hinnehmen.

Die Bundessozialrichter entschieden, dass das Patientenwahlrecht nur dann stärker sein könne als das Wirtschaftlichkeitsgebot, wenn es hierfür zwingende medizinische Gründe gibt. Wie diese aussehen könnten, führten sie allerdings nicht weiter aus – hier wird man die schriftlichen Urteilsgründe abwarten müssen, die erst in einigen Wochen vorliegen werden. Das Gericht stellte klar, dass der Arzt bei Selektivverträgen dieser Art in der Apotheke bestellen müsse, die einen Vertrag mit der Kasse hat – auf die Absprache nach § 11 Abs 2 Apothekengesetz könne er sich hingegen nicht berufen.

Bundessozialgericht, Urteil vom 25. November 2015, B 3 KR 16/15 R


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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