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Retaxwahnsinn
Geht Wirtschaftlichkeit über Hygiene?
Der Sparwahn mancher Krankenkassen nimmt absurde Ausmaße an. So fordert beispielsweise eine Krankenkasse bei einer regelmäßig verordneten Nasenspray-Rezeptur die Wiederverwendung des Sprühkopfes.
Krankenkassen unterliegen dem Wirtschaftlichkeitsgebot. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. An vielen Stellen scheint aber die Pflicht, wirtschaftlich zu handeln, in einen teilweise absurden Sparzwang umgeschlagen zu haben. So wie im folgenden Fall, der dem DeutschenApothekenPortal vorliegt.
Ein Kind benötigt eine individuelle Dosierung eines Desmopressin-Nasensprays. Die Rezeptur wird in der Apotheke aus dem Fertigarzneimittel Minirin® hergestellt. Um größtmögliche Dosiergenauigkeit zu gewährleisten, empfiehlt der behandelnde Arzt, immer das validierte Sprühsystem des Originalherstellers zu verwenden. Das Kind sei sehr schwer einzustellen und reagiere sehr sensibel auf das Hormon, so seine Begründung. Das hat allerdings zur Folge, dass bei jeder Rezepturherstellung die nicht benötigte Restmenge verworfen wird. Unnötigerweise, wie das Fachzentrum Arzneimittel der DAK findet. Die Apotheke wurde retaxiert.
Originalsprühkopf ist nicht notwendig
Laut Retaxschreiben des DAK-Fachzentrums Arznei- und Heilmittel ist es ohnehin nicht notwendig, den Originalsprühkopf zu verwenden: „Die von [...der Kasse] in Ansatz gebrachten Dosieraufsätze erfüllen ebenfalls den Anspruch der Dosiergenauigkeit.“ heißt es in der Retaxbegründung. Eine Aussage, die allgemein richtig sein mag, aber in diesem besonderen Fall nicht von großem Wert ist. Denn die von vielen Apotheken in der Rezeptur verwendeten Sprühköpfe der Firma Wepa Apothekenbedarf sind laut Produktkatalog mit einer Ausbringung von 0,05 ml/Hub oder max. 0,15 ml/Hub zu haben. Der Original-Minirin®-Sprühkopf fördert laut Fachinfo aber 0,1 ml/Hub. Um einen der gängigen Köpfe zu verwenden, müsste die Rezeptur oder die Dosierungsanweisung geändert werden.
Mehrfachverwendung um zu sparen
Besteht die Apotheke aber weiterhin darauf, den Originalsprühkopf zu verwenden, ist ein Verwurf der Restmenge nach Ansicht der Krankenkasse nicht nötig. Laut Retaxbegründung ist „die Mitgabe weiterer Originalflaschen Minirin, die nur wegen des Dosieraufsatzes mitgegeben werden, unwirtschaftlich und nicht notwendig“. Die Restmenge soll stattdessen gelagert werden und bei erneuter Rezepturherstellung in das alte, vorher gereinigte Gefäß mit dem alten Sprühkopf gefüllt werden. Die Kasse weist in ihrem Schreiben immerhin darauf hin, dass „aus hygienischen Gründen der Aufsatz natürlich vor dem weiteren Gebrauch zu reinigen und ggf. zu desinfizieren ist.“ Ein neues Originalgefäß ist dann aber laut Krankenkasse nicht erforderlich. Das soll die Kosten für die Kasse gering halten.
Fragen bleiben offen
Diverse Fragen lässt die Kasse dabei allerdings offen: So ist beispielsweise nicht erwiesen, ob die Dosiergenauigkeit nach Reinigung und Desinfektion des Sprühsystems noch gegeben ist. Und wie lange ist die Restmenge nach Entnahme der benötigten Teilmenge eigentlich haltbar und wie muss sie gelagert werden? Die vom Hersteller angegebenen Lagerungsbedingungen und Aufbrauchfrist von zwei Monaten gelten bei Entnahme über den Sprühkopf, nicht aber wenn die Flasche geöffnet wird. Zur Orientierung: Das DAC/NRF gibt für konservierte Lösungen zur nasalen Anwendung im Pipettenglas, was noch am ehesten mit der geöffneten Flasche vergleichbar ist, eine Aufbrauchfrist von zwei Wochen an. Verordnet wird die Rezeptur laut den Daten den DAK nur „mindestens einmal im Monat“.
3 Kommentare
Dritte Welt Deutschland
von Sven Larisch am 23.12.2015 um 7:33 Uhr
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Herr Prof. Glaeske - übernehmen Sie!
von C. Beck am 18.12.2015 um 7:01 Uhr
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Irrenhaus
von Stavenhagen-Neumann am 16.12.2015 um 23:33 Uhr
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