Deutscher Ärztetag

Ärzte wollen keine Internet-Schmuddel-Rezepte

Berlin - 24.05.2016, 14:15 Uhr

Gegen DrEd: Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer, ist froh, dass es in Zukunft keine online ausgestellten Rezepte mehr geben soll. (Foto: dpa)

Gegen DrEd: Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer, ist froh, dass es in Zukunft keine online ausgestellten Rezepte mehr geben soll. (Foto: dpa)


In Hamburg tagt derzeit der 116. Deutsche Ärztetag. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer, hat in seiner Begrüßungsrede das Verbot von Online-Rezepten begrüßt. Derweil ist weiterhin unklar, ob die Kassenärzte ihre Führungskrise beenden können.

Ganz Ärzte-Deutschland schaut derzeit gespannt nach Hamburg. Schon am gestrigen Montag versammelte sich dort die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und sprach über die Androhung des Bundesgesundheitsministeriums, die KBV unter eine Staatsaufsicht zu stellen. In geheimer Sitzung wurden Beschlüsse gefasst, um den „Verrat“ noch abzuwenden. Am heutigen Dienstag begann dann der 116. Deutsche Ärztetag. Die aufregendsten Themen dort: Die Überarbeitung der privatärztlichen Gebührenordnung (GOÄ), der Umgang mit hochpreisigen, neuen Arzneimitteln sowie der Zustand der Selbstverwaltung.

In seiner Begrüßungsrede auf dem Ärztetag sprach Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer, auch ein für die Apotheker sehr wichtiges Thema an: Es ging um die Online-Praxis „DrEd“ und die damit verbundenen Internet-Rezepte, die Patienten hierzulande erhalten können. Mit der 4. AMG-Novelle soll dieses Vorgehen verboten werden. Konkret sollen Apotheker nur noch Rezepte einlösen, wenn sie sich sicher sind, das vorher ein direkter Kontakt zwischen Arzt und Patienten stattgefunden hat.

Bundesärztekammer freut sich über DrEd-Verbot

Montgomery begrüßte das geplante DrEd-Verbot. „Schmuddelrezepte über das Internet ohne Arztkontakt sind damit verboten. Und das ist auch gut so“, sagte der BÄK-Präsident. Die Ärzte seien keine grundsätzlichen Gegner der Telemedizin. Allerdings müsse es ein Gleichgewicht zwischen Patientenschutz und Wirtschaftsinteressen geben. „Deshalb verlangen wir, dass dem Einsatz telematischer Behandlungsmethoden eine persönliche Konsultation vorangegangen sein muss“, sagte Montgomery. Arzt und Patient müssten einander kennen, bevor eine Diagnose gestellt werden könne.

Am Nachmittag will der Ärztetag über mehrere Anträge abstimmen. Ein Antrag des BÄK-Vorstandes ist aus arzneimittelpolitischer Sicht interessant: Die Ärzte wollen die Politik auffordern möglichst schnell für die Einführung eines Arzneimittel-Informationssystems für neue Wirkstoffe zu sorgen. Damit sprechen die Ärzte ein aktuelles Thema an. Denn Krankenkassen und Politik klagen seit Monaten darüber, dass die Beschlüsse aus der frühen Nutzenbewertung nicht adäquat bei den verschreibenden Ärzten ankommen und dass die Mediziner zu häufig teure Arzneimittel verordnen, die keinen oder nur einen geringen Zusatznutzen haben.

BÄK will keine freien Pharma-Preise im ersten Jahr

Weiterhin stellt sich die Ärzteschaft in ihrem Antrag entschieden auf die Seite der Krankenkassen. In dem Papier heißt es, dass die freie Preisfestlegung neuer Medikamente im ersten Jahr nach Markteinführung abgeschafft werden müsse. Der Grund: Die von den Kassen erstatteten Kosten sollten sich am tatsächlichen Nutzen der Medikamente orientieren.

Schon vor dem Ärztetag hatte am gestrigen Montag die Vertreterversammlung der KBV stattgefunden. Die stimmberechtigten Mitglieder hatten eine wichtige Aufgabe: Denn das Bundesgesundheitsministerium hatte mit der Staatsaufsicht gedroht, wenn die Kassenärzte nicht tiefgreifende Reformen an ihrer Spitze beschließen. Konkret ging es um die Gehälter von Führungskräften, die vermeintlich illegal überzogen waren. Die KBV war in den vergangenen Monaten auch wegen eines vermeintlichen Immobilienskandals in die Schlagzeilen geraten.

KBV-Führungskrise weiter offen

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sagte auf dem Ärztetag, dass das BMG noch einige Zeit brauche, um die Beschlüsse zu prüfen. Was die Kassenärzte wirklich beschlossen haben, ist derzeit noch nicht bekannt. Schließlich fand die Abstimmung hinter verschlossenen Türen statt. Gegenüber den Fachmedien hatte die KBV-Spitze jedoch betont, dass sie mit den Entscheidungen den Wünschen des BMG entgegengekommen seien. Das BMG plant gleichzeitig das sogenannte „KBV-Gesetz“, mit dem sowohl die KBV als auch der GKV-Spitzenverband unter eine strenge Überwachung des BMG gestellt werden sollen.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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