Patentschutz in Indien

Neue Richtlinie zementiert die Situation

Remagen - 27.05.2016, 10:36 Uhr

In Indien sind Arzneimittel-Patente eine besondere Angelegenheit. (Foto:  Comugnero Silvana/ Fotolia)

In Indien sind Arzneimittel-Patente eine besondere Angelegenheit. (Foto: Comugnero Silvana/ Fotolia)


Die indische Regierung hat ihre lang erwartete Richtlinie zum geistigen Eigentum vorgelegt. Für globale Pharmaunternehmen, die ohne Unterlass auf eine bessere Durchsetzung des Patentschutzes ihrer innovativen Präparate drängen, bietet sie wenig Ermutigendes. 

Indien hat seine neue Policy über das geistige Eigentum (Intellectual Property) vorgestellt. Sie wurde von einer sechsköpfigen Task Force rund um das Thema „Kreatives Indien, Innovatives Indien“ entwickelt. Das knapp 30-seitige Dokument formuliert sieben Zielsetzungen, darunter die Sensibilisierung und Förderung sowie die Schaffung eines gesetzlichen und rechtlichen Rahmens für IP, die IP-Verwaltung und das Management sowie die Vermarktung, Durchsetzung und die gerichtliche Zuerkennung von Eigentumsrechten. 

Umwandlung  in die „Apotheke der Welt“

Das Motto der Richtlinie sagt eigentlich schon alles. Es geht um Indien, und nicht um die Besänftigung der Kritik internationaler Pharmaunternehmen. Es gebe in Indien eine Fülle von kreativen und innovativen Energien, heißt es in dem Dokument. Unter anderem wird auch der Beitrag der indischen Pharmabranche für den Zugang zu erschwinglichen Arzneimitteln weltweit und deren Umwandlung  in die „Apotheke der Welt“ angeführt.

Das indische Ministerium für Industrie und Handel betont das übergeordnete Ziel, geistiges Eigentum als „marktfähigen finanziellen Vermögenswert und wirtschaftliches Instrument“ zu stärken, und ein „ganzheitliches“ System zu schaffen, das zum Wirtschaftswachstum beiträgt, bei gleichzeitiger Wahrung öffentlicher Interessen. So soll der Prozess zur Registrierung einer Marke ab dem nächsten Jahr nur noch einen Monat dauern. 

Alles im Einklang mit dem TRIPS-Abkommen

In der Richtlinie wird klargestellt, dass die bestehenden indischen Gesetze zum geistigen Eigentum dem TRIPS-Abkommen entsprächen und dass diese wie auch die gerichtlichen Entscheidungen „einen stabilen und effizienten Rechtsrahmen für Schutz und Förderung der Rechte am geistigen Eigentum"  böten. Gesetzesänderungen seien durch die neue Richtlinie nicht nötig, betonte Finanzminister Arun Jaitley gegenüber der Times of India. Er trat hiermit Befürchtungen entgegen, dass die Regierung nationales Recht unter dem Druck aus den USA verwässern könnte.  

Flexibilität ausschöpfen

Indien will offenbar die Flexibilität, die aus dem TRIPS-Abkommen hinsichtlich Arzneimittel-Patenten abgeleitet wird, weiter ausnutzen. Die Regierung hatte auf die Verwendung von Zwangslizenzen zurückgegriffen, die es einem Nicht-Patentinhaber erlauben, ein geschütztes Produkt im öffentlichen und nationalen Interesse herzustellen. Jaitley verteidigte auch die Bestimmung des indischen Patentgesetzes, nach der die Behörden Patente bei lediglich kleineren Optimierungen verweigern können. 

Änderung wohl kaum in Sicht

Die internationale pharmazeutische Industrie drängt die indische Regierung schon lange dazu, den Patentschutz zu stärken. Erst vor zwei Jahren hatte Ministerpräsident Modi sich mit den USA auf eine gemeinsame Arbeitsgruppe verständigt, die sich um Probleme rund um den Schutz des geistigen Eigentums kümmern soll. Indes hat der US-Handelsbeauftragte Indien weiterhin auf der Liste der Länder behalten, die die Patentrechte nicht ausreichend schützen.  

Ob sich daran nun durch die neue Policy, die im Übrigen nicht ausschließlich für Pharma gilt, etwas ändert, scheint fraglich. In der indischen Fachpresse sehen Experten in den Formulierungen  viel Interpretationsspielraum. Der Industrieberater Vince Suneja von der TwoFour Einblick Group, Spezialist für den indischen Rx-Markt, argumentiert: „Die Richtlinie deutet nicht auf Veränderungen hin. Es ist im Grunde Business as usual. Ich denke, dass dies möglicherweise die ultimative Ansage an die globale Industrie ist, dass Indien seine Strategie in absehbarer Zeit nicht ändern wird.“ Und Bindu Sharma, Patentanwältin bei Origiin IP Solutions in Bangalore, betont gegenüber pharmabiz.com: „Mit dieser nationalen IPR-Richtlinie hat Indien seinen Standpunkt bezüglich der Erhaltung der Balance zwischen der öffentlichen Gesundheit und den Patentrechten noch einmal eindeutig klar gemacht.“


Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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