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Der Medikationsplan wird ein Desaster, aber vielleicht gibt’s Hoffnung – oder doch nicht? Die Apothekenabzocke hat ein Ende, der Retaxfrieden ist da, wirklich? Und unsere ABDA ist die offenste und transparenteste Berufsvertretung – die wir je hatten. Noch professioneller und offener geht halt nicht, sorry.
23. Mai 2016
Das sieht Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer, richtig: Der Medikationsplan in seiner jetzigen Papierform, die ab Oktober kommen soll, ist ein Muster ohne Wert für den Patienten. Mein liebes Tagebuch, es ist ein Dilemma: Der Arzt, der von der Kasse dafür honoriert wird, kann den Plan nicht auf dem Laufenden halten, weil er nicht die gesamte Medikation kennt. Der Apotheker, der alle Arzneimittel, die der Patient einnimmt, kennen könnte, darf den Plan nicht initiieren und er wird auch nicht honoriert dafür. Bringen wir es auf den Punkt: Die ab Oktober kursierenden Papierpläne sind von den Kassen bezahltes Altpapier. Dem eigentlich vernünftigen Anliegen, dem Patienten mehr Übersicht über seine Medikation zu geben, ist damit ein Bärendienst erwiesen. Von Apothekerseite sollte man für die Papierform des Plans keine Werbung machen. Mein liebes Tagebuch, mal mit einem Funken Optimismus: Jetzt hat es schon so lange gedauert, bis alles zum Laufen kommt, da können wir das eine Jahr, bis dann hoffentlich die elektronische Form des Medikationsplans funktioniert, auch noch abwarten. Und dann schreiben wir das Jahr 2018 mit einer neuen Regierung, die dann einsehen wird, dass es ohne Apotheker nicht geht: Dann gibt’s den Medikationsplan, online, auch vom Apotheker, gegen Honorar. Zu optimistisch?
Wirklich kein Bravourstückchen unserer ABDA: die Nonchalance zur Barrierefreiheit der Apotheken. Da ist sie wohl selbst über ein paar Stufen gestolpert. Als die neue Apothekenbetriebsordnung 2012 einen barrierefreien Apothekenzugang verpflichtend vorschrieb, wäre eine Erhebung, Umfrage wie auch immer unter den Apotheken angezeigt gewesen: Wie viele Apotheken sind betroffen, was kostet das unsere Mitglieder, etc. Und selbst jetzt, wo das Thema über Umwege hochkocht und sich sogar mal Politiker dafür interessieren: Achselzucken bei der ABDA, wir wissen nichts, keine Ahnung, und außerdem gehen wir davon aus, „dass die Vorgaben zur Barrierearmut von den allermeisten Apotheken bereits seinerzeit erfüllt wurden“. Was ist das für ein Signal an die Politik!? Na prima, wir sind die braven Apothekers, haben alles schon auswendig gelernt und umgebaut und Geld brauchen wir auch keines, alles selber bezahlt. Mannomann, das ist die Crux, wenn ein Häuflein Laienspieler Politik macht.
24. Mai 2016
So lief es bisher: Kein Geld für die Apotheke, kein Honorar, keine Bezahlung der Ware, wenn der Arzt beim Ausstellen eines Rezeptes einen läppischen Formfehler machte, die Apotheke diesen Fehler übersah und das Arzneimittel dem Patienten aushändigte: Nullretax. Der normale Menschenverstand stufte dies als einen Irrsinn und als Apothekenabzocke der Kassen ein. Die Kassen dagegen klammerten sich daran jahrelang fest. Retaxeinnahmen waren für sie ein fester Einnahmeposten. Und sie tyrannisierten die Apotheken, die sich nicht wehren konnten – bis die Politik ein Einsehen hatte und eine Einigung befahl, die vor der Schiedsstelle landete. Nach mehreren Monaten mit vier zähen Marathonsitzungen war’s vollbracht: Apothekerverband und GKV-Spitzenverband fanden einen gemeinsamen Weg.
Retaxfrieden! Endlich! Mein liebes Tagebuch, wegen eines mehr oder weniger formalen Fehlers auf dem Rezept wird nun keine Apotheke mehr retaxiert. Der Apotheker sollte den Fehler allerdings gefunden und geheilt, sprich ausgebessert haben, bevor das Rezept bei der Kasse zur Abrechnung landet. Das darf er nun, je nach Fehler, selbst tun oder nach Rücksprache mit dem Arzt. Und selbst wenn ein für die Arzneitherapie unbedeutender Formfehler durchrutscht, dann wird es in Zukunft wohl keine Nullretaxation mehr geben. Klingt alles positiv, der DAV ist zufrieden. Die Feinabstimmung, wie im Detail zu verfahren ist, wird nun mit den Kassen ausgehandelt. Wie das dann in der Praxis abläuft, wird man sehen. Was allerdings auch in Zukunft ein No Go ist: Verstöße gegen Rabattverträge oder wenn ein Rezept beliefert wird, obwohl die Unterschrift des Arztes fehlt. Das bedeutet auch in Zukunft: kein Geld für die Apotheke.
Mein liebes Tagebuch, man kann froh, dass dieses Kleinklein mit den Kassen nun hoffentlich ein Ende hat. Unser Gesundheitssystem konfrontiert uns heute und erst recht in Zukunft mit wichtigeren Dingen, die Kassen und Apotheken auf Augenhöhe verhandeln und lösen müssen – fürs Patientenwohl.
25. Mai 2016
Die berufspolitische Veranstaltung auf dem Pharmacon in Meran war in diesem Jahr kein Streitgespräch, sondern eine brave Infoveranstaltung. Das Podium, die Dreifaltigkeit aus Arnold- Becker-Kiefer, informierte darüber, wo’s berufspolitisch klemmt, was ansteht. So eine Art Baustellen-Übersicht. Kritische Nachfragen aus dem Auditorium gab’s nicht. Klar, zur Sprache kamen E-Health und Medikationsplan (ein Desaster). Spannend wird’s erst mit der Vernetzung und der weiteren Digitalisierung. Mit dem E-Rezept, das Arnold als gar nicht so schlimm einstuft, werden Formfehler der Vergangenheit angehören, es wird weniger Bürokratie geben, meint er. Der Apotheker müsse aber aufpassen, dass er seinen Wert, seine Unverzichtbarkeit darstellt. Denn, das sieht Arnold richtig, Wissen verwalten und PC bedienen – das kann’s nicht sein. Aufgabe des Apothekers ist dann die vertrauensvolle, für den einzelnen Patienten optimierte Information und die Empathie.
Was in der Infostunde auch angesprochen wurde: die Sache mit unserem Honorar. Man fordert noch immer die Überprüfung alle zwei Jahre und Anpassung. Außerdem ein längst überfälliges Rezepturhonorar und eine Erhöhung der Dokugebühr, wobei man glaubt, dass sich da noch etwas tun könnte. Mein liebes Tagebuch, alles schön und gut, wir kennen die Leier. Aber es hat sich bisher nichts getan. Und es wird sich wohl auch nichts tun solange, bis das Gutachten für das Wirtschaftsministerium, das unsere Honorarstrukturen durchleuchten soll, vorliegt. Aber ein bisschen Jammern tut wohl immer gut in einer solchen Infoveranstaltung.
Ein weiteres Problem: ausreichend Nachwuchs für unsere Apotheken. PTA sind in manchen Teilen Deutschlands äußerst schwer zu finden, ebenso Approbierte. Arnold fragte sich, warum die ABDA-Plakataktion, mit denen Apotheken die Jugendlichen zu einem Kennenlern-Besuch der Apotheke einladen sollten, so wenig von den Apotheken abgerufen wurde. Mein liebes Tagebuch, das fragen wir uns auch.
26. Mai 2016
Nur für Dich, mein liebes Tagebuch, mal was aus dem Nähkästchen, eigentlich etwas Nebensächliches, nur: Irgendwie ist auch das wieder ein Paradestückchen der ABDA-Transparenz und -Offenheit. Also: Pharmacon Meran, das ist für die Fachzeitschriftenredakteure, die über den Kongress berichten und ihn begleiten, viel Arbeit. Usus war es, jedenfalls bisher, dass auch die in Meran anwesenden Redakteure zum sogenannten Referentenabend eingeladen waren, ein kleines Abendessen, bei dem man mit den Referenten des Kongresses, mit ABDA-Berufspolitikern und sonstigen geladenen Gästen ins Gespräch kommen konnte. Doch in diesem Jahr war’s anders. Da gab die ABDA, die Werbe- und Vertriebsgesellschaft („Avoxa“) oder wer auch immer – so genau wollte das keiner sagen – die Parole aus, dass nur noch jeweils einer der anwesenden Redakteure von PZ und DAZ zum Referentenabend zugelassen waren, für alle anderen hieß es: „Wir müssen draußen bleiben“. Warum der Ausschluss erfolgte? Aus Platznot? Wohl kaum. Aus Geldgründen? Vielleicht wegen der teuren Umzugs- und Neubaukosten? Lächerlich. Was war der Grund? Wir wissen es nicht, es wurde auch nicht kommuniziert. Was bleibt: Die Frage, ob es die ABDA jemals schafft, offen zu kommunizieren.
27. Mai 2016
Super! Da ist der Retaxstreit gerade in trockenen Tüchern, nässt sie die Barmer GEK wieder ein. Diese Kasse stört sich an Formulierungen zur Heilungsmöglichkeiten der Apotheker. Es sei unklar, wann Kassen noch retaxieren dürften und wann nicht. Ja, du meine Güte, das ist ja mal wieder bezeichnend für die Barmer GEK. Da wissen alle, der GKV-Spitzenverband und der Deutsche Apothekerverband, dass nach der Retax-Einigung noch der Feinschliff erfolgen muss, dass man noch einige Formulierungen glätten muss, aber diese Kasse kann’s nicht abwarten die Lücken zu suchen, wo sie vielleicht noch retaxieren darf. An den gesunden Menschenverstand, an die Hoffnung auf eine gute Partnerschaft darf man da nicht mehr glauben.
13 Kommentare
Aus die Maus
von Frank ebert am 05.06.2016 um 10:10 Uhr
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Zielsetzung
von Reinhard Rodiger am 29.05.2016 um 19:46 Uhr
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was noch fehlt beim retaxdeal....
von joe black am 29.05.2016 um 18:03 Uhr
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ABDA-Transparenz und -Offenheit / Laienspieler Politik
von Uwe Hansmann am 29.05.2016 um 15:15 Uhr
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AW: Ehrenamt muss Ehrenamt bleiben
von Kerstin Kemmritz am 29.05.2016 um 17:17 Uhr
AW: Kontrollgremium?
von Christian Giese am 29.05.2016 um 17:27 Uhr
AW: Ja
von Peter am 30.05.2016 um 9:32 Uhr
Roulette
von Reinhard Rodiger am 29.05.2016 um 13:13 Uhr
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Retax-Deal....
von joe black am 29.05.2016 um 12:40 Uhr
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AW: 'Retax-Freikauf' ......
von Gunnar Müller, Detmold am 29.05.2016 um 15:01 Uhr
AW: wo weisen kassen sondereinahmen aus?....
von joe black am 29.05.2016 um 17:19 Uhr
ABDA
von gabriela aures am 29.05.2016 um 10:24 Uhr
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Die Crux
von Ulrich Ströh am 29.05.2016 um 8:55 Uhr
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